taz-Recherche „Rechte Retter“: Johanniter wollen Verhaltenskodex
Nach taz-Recherchen über rassistische und extremistische Äußerungen von Mitarbeitern haben die Johanniter intern ermittelt. Jetzt will der christliche Verband „klare Kante“ zeigen.
Die Johanniter reagieren damit auf eine taz-Recherche über Rechtsextremismus und Rassismus im Rettungsdienst, die Mitte September veröffentlicht wurde. Es wurde darin unter anderem beschrieben, wie ein Mitarbeiter der Johanniter in Köln die Geburtstage von Nazigrößen in einen Kalender auf der Wache eintrug und die Organisation wenig Interesse an Aufklärung zeigte. Auch rassistische Witze in Chatgruppen und rechtsextreme Propaganda auf Rettungswachen wurden thematisiert. Es wurden auch Fälle geschildert, in denen Patient*innen mit Migrationshintergrund offenbar schlechter behandelt wurden, weil Rettungskräfte rassistische Vorurteile hatten. Neben den Johannitern versprachen auch die Malteser Aufklärung, welche nach taz-Recherchen gar nicht so einfach zu sein scheint.
„Überwiegend so wie beschrieben oder ähnlich passiert“
Bei den Johannitern ist nun ein „Meldesystem“ für Vorgänge und Fehlverhalten geplant. Dazu soll eine „externe Ombudsperson“ zur Verfügung stehen. Zudem sollen Führungskräfte stärker für Fehlverhalten von Mitarbeitern sensibilisiert werden.
In einem am Dienstag veröffentlichten Bericht einer externen Agentur heißt es, es gebe zwar keine Hinweise auf rechtsradikale Strukturen oder systematische Fremdenfeindlichkeit. Allerdings seien Einzelfälle belegt worden. Die in der taz genannten Vorfälle in Köln seien „überwiegend wie beschrieben oder ähnlich passiert“. So wurden in einen Wandkalender Geburtstage von Adolf Hitler und anderer Nazis eingetragen oder ein Anti-Islam-Aufkleber auf einer Toilette gefunden.
Zwei Mitarbeiter seien als mutmaßliche Initiatoren identifiziert worden, heißt es. Einer der beiden arbeitet seit vergangenem Jahr ohnehin nicht mehr bei den Johannitern, der andere wurde vergangene Woche freigestellt. „Diese Person arbeitet nicht mehr für die JUH und wird auch nicht mehr für die JUH arbeiten“, sagte der Regionalvorstand für Köln/Leverkusen/Rhein-Erft, Marius Mainzer. Auch der Mitarbeiter, der in Brandenburg/Havel einem Lieferfahrer den Arm gebrochen haben soll, darf den Angaben zufolge in keinem Johanniter-Verband mehr arbeiten.
Rassistische Sprache ist dem Bericht zufolge weiter verbreitet: So gehörten die abwertenden Begriffe „Morbus Mediterraneus“ oder „Morbus Bosporus“ zum üblichen Sprachgebrauch auf der Wache. Damit wird eine hohe Schmerzempfindlichkeit oder Wehleidigkeit von Menschen aus dem Mittelmeerraum oder der Türkei unterstellt.
Den Johannitern zufolge stellen fremdenfeindliche Vorgänge und sprachliche Grenzverletzungen ein gesellschaftliches Phänomen dar, das auch in anderen Rettungsdienstorganisationen sowie bei der Feuerwehr und Polizei zu beobachten sei. Deshalb will der Bundesvorstand gemeinsam mit anderen Hilfsorganisation einen „gemeinsamen Maßnahmenplan gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“ entwickeln.
Im Untersuchungsbericht heißt es dazu, „eine fragwürdige, bisweilen diffamierende Alltagssprache“ werde von vielen Mitarbeitenden noch nicht als rassistisch angesehen. Anders verhalte es sich bei antidemokratischen, radikalen politischen Einstellungen. Diese würden weitgehend nicht gutgeheißen.
Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist nach eigenen Angaben mit rund 29.000 Beschäftigten und mehr als 46.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern eine der größten Hilfsorganisationen in Deutschland.
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