taz-Adventskalender (15): „Achtsamkeit für alte Menschen“
Die taz präsentiert in ihrem Adventskalender BerlinerInnen, die für etwas brennen. Hinter Türchen 15: Elke Schilling, die Senioren mit einer Hotline helfen will.
taz: Frau Schilling, ist Weihnachten nicht nur Zeit der Besinnlichkeit, sondern auch der Einsamkeit?
Elke Schilling: Zur Weihnachtszeit wird vielen Menschen die Einsamkeit zumindest am schmerzlichsten bewusst. Alle Welt träumt dann von Familie, von Harmonie, von Zusammensein, und darüber wird zu dieser Jahreszeit auch öffentlich ganz viel gesprochen und berichtet. Wenn man jedoch niemanden hat, mit dem man reden kann, wenn man völlig allein zu Hause sitzt, dann ist es besonders heftig.
Mit ihrem Verein „Silbernetz“ starten Sie nun ein Hilfetelefon für Senioren.
Das ist ein 24-Stunden-Dienst für ältere, vereinsamte und isoliert lebende Menschen. Das Feiertagstelefon wird vom 24. Dezember ab 12 Uhr bis zum 1. Januar erreichbar sein.
Warum braucht es so ein Angebot?
Viele Senioren hören abseits vom Fernseher 14 Tage keine menschliche Stimme. Sie haben niemanden, der ihnen antwortet, wenn sie eine Frage haben. Es gibt keine Kontakte auf der Arbeit, in Bars, Bus und Bahn. So entwickelt sich ein Teufelskreis: Je länger man allein ist, desto größer wird die Angst, neue Kontakte zu knüpfen. Da ist unser Telefon ein Angebot, durch den Schutz der Anonymität, vorsichtig zu sagen: „Hey, hier bin ich. Ich brauche jemanden zum Reden.“
Wer meldet sich dann?
Ehrenamtliche, die mit dem Thema Alter und Einsamkeit vertraut sind. Unser „Silbernetz“ umfasst ein mehrstufiges Hilfeangebot, das Telefon ist nur ein Teil davon. Dazu gehört auch, vereinsamten Menschen Angebote zu offerieren, aus der Einsamkeit herauszukommen – ob das eine Begegnungsstätte ist, ein Mobilitätsdienstleiter oder Besuchsdienst. Derlei gibt es viel in Berlin, den meisten ist es einfach nicht bekannt.
Elke Schilling
73, ist seit sechs Jahren Vorsitzende der Seniorenvertretung Mitte. Das Hilfetelefon ist ab dem 24.12. kostenfrei erreichbar unter: 08 00 4 70 80 90
Weihnachten ist ja auch die Zeit der Wünsche: Was wünschen Sie sich im gesellschaftlichen Umgang mit alten Menschen?
Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit für alte Menschen. Sie sind diejenigen, die unsere Gesellschaft in ihrer jetzigen Form in der Vergangenheit gebaut und geprägt haben und die immer noch ganz viel gesellschaftlich beitragen könnten, würde man ihnen die Chance dazu geben. Wir brauchen uns nichts vorzumachen, unsere Gesellschaft wird immer älter. Daher ist Wertschätzung für alte Menschen ein großes Kapital unseres Zusammenlebens.
Wie geht es weiter?
Falls wir es finanziell stemmen können, soll die Hotline weiter bestehen bleiben. Ziel ist, genug Spenden zu sammeln, um es ab April rund um die Uhr zu betreiben.
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