taz🐾sachen: Ein leeres Haus ist ein Segen
Es macht nicht allzu großen Spaß, mit dem Rad durch den Berliner Schneeregen zu juckeln. Die Brille schneit zu und beschlägt durch den eigenen Atem, die Füße werden kalt (trotz Bewegung) und die Finger steif (trotz Handschuhen). Wie soll man so, angekommen am taz-Haus, das Rad anschließen? Und wie die Maske aus der Tasche zerren und nach der Chipkarte kramen?
Da helfen nicht einmal sonnige Gedanken, die nach Asien flüchten, sich dort in der Sonne wärmen, durch die Straßen von Bangkok oder Hanoi schlendern. Die auf dem Mekong herumschippern, Ausschau nach einem Wasserbüffel halten, eine Jackfruit essen. Nein, nein, sollte man lassen, die verschlimmern das Leiden am Berliner Winter nur noch – man kommt zurzeit ja sowieso nirgendwohin.
Im taz-Haus allerdings gibt es dann doch Trost: Fast niemand ist da. Vor allem früh am Morgen. Die Etagen sind unbeleuchtet, die Treppen leer, die PC ausgeschaltet. Die meisten Kolleg:innen sind pandemiebedingt im Homeoffice. Später sieht man vereinzelt eine Kollegin in der 2. Etage, einen Kollegen im 3. Stock, der Konferenzraum ist seit Monaten verwaist. Man winkt sich von Weitem zu und schweigt, man sieht sich ja gleich auf Zoom. Das alles ist so absurd wie schaurig schön. So viel Platz, Luft und Weite um einen. Da kommt das Gefühl von, nun ja, nicht gleich Freiheit, auf, aber doch von erweitertem Bewegungsradius. Und das will was heißen in Zuhausehockenzeiten und Spazierengehen im Kiez. Ein leeres Haus ist ein Segen: ein Ruheraum im Coronasturm.
Simone Schmollack
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