spielplätze (16): Zu Hause bei Freunden
Auf dem Sofa in Prenzlauer Berg
A rtikeltext (Überschrift und Vorspann hier werden nicht publiziert)
Alle gucken wieder Fußball. Die taz auch. Bis zum Ende der EM berichten wir täglich live von den Berliner Spielplätzen. Heute: Russland - Spanien auf dem Sofa von David Denks Kumpel D.
Spanien-Russland ist ein Sofaspiel. Mit dieser bei Russen und Spaniern eher unpopulären Meinung bin ich nicht allein. Als ich am Donnerstag gegen acht durch Mitte radle und dann die Schönhauser Allee hoch in Richtung Prenzlauer Berg, ist in den Kneipen kaum was los. An diesem Abend ist Private Viewing angesagt, eine beinahe vergessene Fußballrezeptionsform.
Dabei bietet Private Viewing viele Vorteile gegenüber Public Viewing: Erstens muss man nicht Stunden vor Anpfiff vor Ort sein, um sich noch einen Platz mit Blick auf die Leinwand zu sichern, zweitens kann man auf vorhandene Sitzmöbel zurückgreifen, drittens gibt's das Bier zum Einkaufspreis und viertens brüllt zu Hause niemand andauernd "SCHLAND!!!" wie diese Idioten vorm "Weltempfänger" beim Deutschland-Spiel am Mittwoch. Die Vorteile des Public Viewing setze ich jetzt einfach mal als bekannt voraus.
Mein Freund D. hat sein Sofa zur Verfügung gestellt. Es ist kackbraun, aber sehr bequem - so bequem, dass D. manchmal darauf schläft, obwohl er auch ein Bett hat. Aber das gehört eigentlich nicht hierher.
Links neben mir auf dem kackbraunen, aber bequemen Sofa sitzt J., der aus Gründen, die er selber nicht ganz versteht, Spanien-Fan ist. J. ist Spanien- und England-Fan, aber einer von der umgänglichen Sorte. Als er letzte Woche mit D. und zwei gemeinsamen Freunden in Wien war, ließ er sich sogar überreden, ein Deutschland-Trikot anzuziehen, obwohl das eigentlich seinen Überzeugungen widerstrebt.
Es gibt hausgemachte Pizza Extrawunsch, S. mag keine Zwiebeln, M. keinen Thunfisch. Ich mag sie alle vier. Während die Russen sich von den Spaniern entzaubern lassen, fragen wir uns, wie viele Punkte die Buchstaben "X" und "Z" in einem baskischen Scrabblespiel ergeben würden, wenn es denn eins gäbe und diskutieren die Einführung des großen Eszett, von der wir in der Zeitung gelesen haben. Keine Sorge: Wir reden nicht nur über Buchstaben.
Das Fußballspiel verfolgen wir eher sporadisch - mit Ausnahme von J. natürlich. "Jetzt nochmal mit Ausrufezeichen", sagt er in der zweiten Halbzeit, beflügelt vom Spiel seines Teams. "Die Spanier sind die beste Mannschaft des Turniers." Keiner widerspricht.
Das Finale werden wir wieder publicviewen - allerdings wahrscheinlich nicht zusammen mit J. "Ich weiß nicht, ob ich euch das zumuten möchte", sagt er zum Abschied.
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