spenden-ausschuss: Deeskalierte Eskalation
Ganz plötzlich schien sich die Aufregung nochmals zu steigern. Das SPD-Mitglied im Spenden-Untersuchungsausschuss, Friedhelm Beucher, hat ein Ultimatum gestellt: Binnen einer Woche habe die CDU ihren Obmann Andreas Schmidt aus dem Ermittlungsgremium abzuziehen. Der konterte umgehend: Bundesverfassungsgericht, so lautete seine Drohung.
Kommentarvon ULRIKE HERRMANN
Auch wenn Beucher versicherte, er wolle „keinen Klamauk“. Es sah genau danach aus: nach der Inszenierung einer perfekten Medienschlacht. Und was, wenn die CDU sich stur stellen würde? Ein Ultimatum, einmal ausgelaufen, lässt keine Deeskalation mehr zu. Schon ließ sich munter spekulieren, was die SPD mit ihrem Brachialmanöver wohl bezweckt.
Doch dann kam die Deeskalation – zum klassisch richtigen Zeitpunkt, noch bevor die Eskalation allzu weit fortgeschritten war. Sozialdemokrat Volker Neumann, Vorsitzender des Spenden-Untersuchungsausschusses, versicherte der taz, dass von einem „Ultimatum“ die Rede nicht sein könne. Seine diplomatisch so viel geschicktere Formulierung: Man wolle der CDU eine Woche Zeit lassen, „um mit sich selbst ins Reine zu kommen“. Es mag sein, dass sich die beiden Sozialdemokraten nicht abgesprochen haben. Zu hoffen ist, dass sich die SPD nicht auf eine medienwirsame Maximalkonfrontation mit der CDU versteift.
Denn so sehr man sich über die CDU ärgert: Eine noch leidlich konstruktive Arbeitsatmosphäre wird gebraucht, um wirksame Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen. So ist dringend zu beraten, wie die Arbeitsweise von Untersuchungsausschüssen neu strukturiert werden kann. Entsprechende Gesetzentwürfe liegen angeblich schon vor. Denn momentan rutschen die Ausschussmitglieder allzu schnell in einen Rollenkonflikt – sie fühlen sich als Ermittler, Richter und Verteidiger. Gleichzeitig natürlich. Und im Zweifel – das zeigt der Fall Schmidt überdeutlich – sorgt die Parteiloyalität dafür, dass nur noch die Rolle des Anwaltes übrig bleibt. Das widerspricht bisher nur dem Geist des Untersuchungsausschusses, nicht jedoch dem Recht.
Wie nötig klare Bestimmungen sind, wird sich demnächst wieder zeigen – wenn sich im Untersuchungsausschuss die makabre Steigerung der Rollenkonflikte besichtigen lässt. Denn voraussichtlich wird CDU-Obmann Schmidt bald neben seiner selbst gewählten Rolle als Anwalt auch noch als Zeuge auftreten, um über seine heimlichen Treffen mit Kohl auszusagen.
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