solidarpakt: Die Lektion der Gewerkschaften
Klaus Wowereit hat verloren. Die Gewerkschaften haben gewonnen. Das ist das Ergebnis der gescheiterten Solidarpaktverhandlungen. Daran ändert auch nichts, dass der Senat auf seiner Klausurtagung demonstrativ erörterte, wo er ohne Zustimmung sparen, streichen und entlassen kann.
Kommentar von ROBIN ALEXANDER
Absehbar ist: Im Konflikt mit den Gewerkschaften wird die SPD ihrem Regierenden Bürgermeister nur widerwillig folgen. Die angeschlagene PDS stellt, sobald es ernst wird, wohl sogar die Koalition in Frage. Wem die Risikoabschirmung für die Bankgesellschaft nicht vermittelbar war, der wird kaum Entlassungen in Ostberlin hinnehmen.
Wowereit wird also kaum die Kraft haben, so viel Einsparungen zu erzwingen, wie er vom öffentlichen Dienst freiwillig haben wollte. Ein Sieg für Ver.di und ihre Vorsitzende Susanne Stumpenhusen. Aber: Ein schlimmer Sieg.
Denn die Folgen werden weitreichender sein als erkämpfte Tariferhöhungen und verteidigtes Weihnachtsgeld. Ein Gemeinwesen, das seine kompletten Eigeneinnahmen für seine Verwaltung ausgibt, kann langfristig keinen Bestand haben. Diese absurde Situation – in der sich diese Stadt befindet – muss sich ändern. Gestalten nicht Ver.di und ein gewählter Senat diesen Prozess für Berlin, dann wird es am Ende jemand anderes tun. Die Gewerkschaften zerlegen momentan nicht nur eine ihnen prinzipiell gewogene Regierung. Sie sind auch auf dem besten Weg zu demonstrieren, dass sie zwar Wachstum umverteilen, Schrumpfung aber nicht demokratisch organisieren könne. Das ist eine Lektion über Berlin hinaus.
tagesthema SEITE 22
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