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schnittplatzRetro-Tussis

Es gab mal eine Zeit, da hießen Frauenzeitungen Emma und liefen Sturm gegen das Patriarchat und gegen den unsolidarischen Schönheitswahn der so genannten Beauty-Industrie.

In den 80ern kam die Zeit des gemäßigten Feminismus, den man schon gar nicht mehr als solchen bezeichnen konnte, sondern als tantige Replik auf eine pseudofeministische Haltung. Nicht dass es den Damen dieser Welt keinen Spaß macht, sich seitenweise Klamottenwerbung und Schminkprodukte anzugucken und Psycho-Ratgeber zum Männerfangen auswendig zu lernen: Beispielsweise die Brigitte und die Petra gingen aus dieser Zeit hervor und hangeln sich bis heute relativ erfolgreich auf dem Frauenzeitungsmarkt herum.

In den 90ern wurde noch mal Gas gegeben: So spontan, so frech, so jung und so austauschbar wollten Amica, Allegra und Joy den als bieder verschrienen Hausfrauenblättern die Hölle heiß machen und die Leserinnen abgraben. Und weil das „Ich will so bleiben, wie ich bin“-Konzept gut aufging, schaffte man das sogar einigermaßen.

Mit einem kleinen Biederkeitsrückfall hat die aktuelle Amica aber augenscheinlich zu kämpfen: Unter dem Motto „Acht Gebote für Sie“ bzw. „Ihn“ gibt Autor Peter Praschl zwischen Hochglanzfotos von jungen Frauen mit feuchten Lippen und Kosmetikwerbung vermutlich unheimlich lustig gemeinte Beischlaftipps wie: „Nur wenn Sie ungewöhnlich feste Brüste haben, dürfen Sie es wagen, auf ihm zu sitzen“, „Offene Mäuler sind bei Fischen, kaugummisüchtigen Teenagern und beim Anblick herabgesetzter Stilettos okay, sonst aber unter gar keinen Umständen“ oder „Ihren Bauch lassen Sie selbstverständlich eingezogen . . .“

Harharhar. Wir lachen ja immer noch ein bisschen. Mit offenem Maul, obwohl unsere Birkenstockstilettos richtig teuer waren. Aber: Nur wenn Sie einen ungewöhnlich starken Hang zum Masochismus haben, Herr Praschl, dürfen Sie es wagen, uns noch mal unter die Augen zu treten. Und Ihren Kopf lassen Sie selbstverständlich ausgeschaltet. Wie sonst ja auch. JZ

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