piwik no script img

schnittplatzEin exklusiver Club

Die Zeiten, in denen Fernsehen nur in der Glotze stattfand, sind schon lange vorbei. Die Wurzeln dieses Übels liegen unter 23 Jahren Rundfunkgeschichte verborgen. Damals, als die Siebziger sich dem Ende neigten, gründete ein bekannter Rundfunksender einen kleinen exklusiven Club: den RTL-Club.

Mittlerweile ist aus dem Hörfunksender ein Fernsehsender und aus dem RTL-Club ein Versandhaus geworden. Auch wenn das Ganze immer noch RTL-Club heißt. Einmal im Monat bekommt man ein kleines Club-Heftchen zugeschickt, und für 7,50 Mark kann man sich eine Club-Mitgliedskarte in die Brieftasche stecken. Das sieht schick aus und suggeriert, man wäre Mann/Frau von Welt.

Und somit hat der Club wohl für sein Mitglied seine Bestimmung erfüllt. Ein anderer Zweck ist nicht erkenntbar. Zumindest was den Nutzen für die Mitglieder angeht.

RTL zieht aus dem Club selbstverständlich großen Nutzen. Schließlich bietet das Club-Magazin wenig Neues, kaum Interessantes, aber ein großes Angebot an kaufbaren Ramsch. Eine flotte Mischung aus Tchibo und Quelle-Katalog kann man hier finden. Von der neusten CD von DJ Bobo über Videokassetten „101 Liebespositionen“ bis zum 18-teiligen Kaffee-Service ist alles da, im Club-Magazin, was das treue Club-Herz begehrt.

Und auch Pro 7 lässt sich nicht lumpen. Auch wenn hier die Abzockerei etwas besser getarnt ist. Seit 1994 gibt’s den Pro Sieben Club mit seiner schicken Mitglieder-Informations-Broschüre go seven. Das ist flott und irgendwie lifestylig und deswegen kostet hier auch die Mitgliedschaft gleich 24 Mark im Jahr. Selbstverständlich mit Satussymbol „Mitgliedskarte“.

Und rund 230.000 Deutsche, Österreicher und gar Schweizer tragen eine solche Karte mit sich rum. Nebenbei genießen sie die Vorteile des Clubs: 3 Mark sparen im Phantasialand, roten Strom gewinnen und bei einer Comedy-Show dabei sein. Und natürlich einkaufen, Geld ausgeben, die Kröten raushauen.

Bei Pro 7 gibt’s für diesen Zweck gleich einen „go seven – Pro Sieben Club Katalog“, fürs „exklusive Shoppen zu Superpreisen“.

Was wohl passiert, wenn irgendwann einmal die Öffentlich-Rechtlichen ihre TV-Clubs gründen? Freuen wir uns auf Uli Wickert-Fanartikel, Uschi Glas-Starschnitte und Einkaufsgutscheine für „Manufactum“.

PHILIPP DUDEK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen