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schnittplatzGenscherbäckchen

Als sie 16 war, brachte Christine Kaufmann als Rosenresli die Nation zum Weinen. Jetzt, mit 56, kämpft sie gegen Tränensäcke. Nicht gegen ihre eigenen, sie hat ja keine. Gegen die der Zuschauerinnen des Dauerwerbekanals Home Shopping Europe, ehemals H.O.T. Dort darf die geschäftstüchtige Kauffrau ihr Köfferchen auspacken und Pillen, Cremes und Wässerchen aus ihrer Kollektion vorstellen.

Die machen schöne Haut und mehr. Moderatorin: „Du bist ja selbst der lebende Beweis, das ist ja auch bekannt. Wie deine Haut beschaffen ist, das kann ich aus der Nähe sehen.“ Kaufmann: „Sie ist so okay, wie sie mit 56 sein kann, wenn man sich darum gekümmert hat.“ Will heißen: Wenn man das hochwertige sechsteilige Pflegeset benutzt hat, zu der auch eine Schüttellotion gehört, die man vorher schütteln muss. „Die Schüttellotion ist eine kleine Legende“, sagt die Moderatorin. In der rechten oberen Bildschirmecke zeigt ein Countdown, wie viele Pflegesets noch erhältlich sind: „Noch 801 Stück.“ Ruckzuck sind es nur noch 500. Das höre sich nach viel an, sagt die Moderatorin, sei es aber nicht.

Christine Kaufmann ist derweil „stolz und sehr dankbar. Vor allem den Frauen, die mir vertrauen.“ Die schreiben ihr Briefe, und Frau Kaufmann antwortet. Auch sie selbst findet ihre Produkte ganz toll: „Ich sag’s nicht nur, weil’s meins ist.“ Einmal in Plauderlaune, gibt die Schauspielerin, Designerin, Erfinderin und Großmutter noch mehr von sich preis: „Ich glaube an Reinkarnation.“ Und dies: „Ich bin eine sehr eifrige Hausfrau.“ Und das: Frau Kaufmann hat eine Haarspange erfunden. Die Moderatorin erkennt schnell das Einmalige: „Auch kurzes Haar kann lang aussehen.“ Frau Kaufmann bürstet sich auch die Lippen – „aber nur, wenn mein Mann keine Lust hat, mich zu küssen“. Und manchmal macht sie sogar Zungengymnastik. „Gegen Genscherbäckchen“.

Auf Sardinien werden Männer alt, so alt wie Frauen, sagt Frau Kaufmann. „Das liegt am Wein und an den Weintrauben.“ Sie selbst schluckt heute lieber Folsäure-Tabletten oder schmiert sich mit Traubenkernöl ein. „Traubenkernöl hat etwas Magisches an sich.“ Früher, da habe sie schon „sehr, sehr gern“ getrunken, na ja, ein Gläschen halt. Ob sie kifft, verrät sie leider nicht. ALEXANDER KÜHN

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