: Pentagon fordert weit höhere Militärausgaben
Die amerikanischen Rüstungskonzerne können in den nächsten Jahren mit lukrativen Aufträgen der US-Regierung rechnen
BERLIN taz ■ Das amerikanische Verteidigungsministerium fordert mehr Geld für Rüstung. Die Verteidigungsvorbereitungen würden in den kommenden Jahren weit höhere Ausgaben erforderlich machen als die 20 Milliarden Dollar, die das Pentagon für das nächste Jahr bereits gefordert habe, sagte Dov Zakheim, der Finanzchef des Pentagon, der Financial Times. Die Anschläge hätten „eine völlig andere Atmosphäre“ geschaffen.
Gute Geschäfte
Es gehe jetzt darum, Entschlossenheit zu demonstrieren. Da sei es ein völlig falsches Signal, die Militärausgaben zu deckeln, so Zakheim. Das Militär brauche mehr Personal, etwa im Bereich Aufklärung. Die Spionageflugzeuge EP-3 und RC-135 und die hoch fliegende, unbemannte Aufklärungsdrohne „Global Hawk“ müssten fortentwickelt werden. Zudem sei es notwendig, die Trident-Atom-U-Boote mit Marschlugkörpern auszurüsten.
Rosige Aussichten für die amerikanische Rüstungsindustrie, die extrem abhängig ist von staatlichen Aufträgen. Auch sie trauert zwar um die Opfer der Anschläge. Der Konzern Raytheon verlor vier seiner Mitarbeiter in den entführten Passagierflugzeugen. Guten Geschäften sollte dies jedoch nicht im Wege stehen. Raytheon, Spezialist für Rüstungselektronik, Spezialflugzeuge und Raketensysteme, und die anderen US-Rüstungskonzerne dürften von der „langwierigen Kampagne“ der USA „zur Niederschlagung des globalen Terrornetzwerkes“ (George W. Bush) massiv profitieren.
Jedenfalls glaubt das die Börse: Gleich am ersten Handelstag nach den Anschlägen waren drei Rüstungskonzerne die größten Tagesgewinner. Während sämtliche Indizes der US-Börse nach unten zogen, sprangen die Aktien von Raytheon um 26,76 Prozent höher. Die Anteilsscheine von Northrop Grumman, Hersteller der B-2-Bomber und Spezialist für Radarsysteme, und des Flugzeugzerstellers Lockheed Martin legten um rund 15 Prozent zu.
Neuer Kampfflieger
Auftrieb erhielt die amerikanische Rüstungsindustrie allerdings schon vor den Terrorattacken. Spätestens der Wahlsieg von Georg W. Bush und die Nominierung von Donald Rumsfeld zum Verteidigungsminister stimmte die Chefs der Industrie optimistisch. Beide Politiker machten sich schon vor der Wahl für den Aufbau eines nationalen Raketenschutzschildes (National Missiles Defence Initative, NMD) stark. Geschätzte Gesamtkosten: 30 bis 60 Milliarden Dollar. „In Washington entfalten sich zwei positive Trends, „schrieb Kent Kresta, Chef von Northrop Grumman, Anfang 2000: „Der lang ersehnte Aufschwung bei den Verteidigungsausgaben und Bushs Absicht, die nationale Verteidigungsstrategie zu überprüfen.“ Erst vor wenigen Tagen gab das Pentagon Lockheed Martin grünes Licht für den Produktionsstart des neuen Kampfflugzeugs F-22. Auftragswert: vorerst eine Milliarde Dollar.
Ohnehin sollen die Verteidigungsausgaben im nächsten Jahr nach dem Etatentwurf von Rumsfeld um gut 10 Prozent auf fast 350 Milliarden Dollar steigen, der stärkste Zuwachs seit Mitte der Achtzigerjahre. Vor den Terrorangriffen beschloss der Senat zwar, die 8,3 Milliarden Dollar, die im Jahr 2002 allein für den Raketenschutzschirm eingeplant sind, um 1,3 Milliarden Dollar zu kürzen. Nach den Anschlägen machte er diese Entscheidung jedoch wieder rückgängig. Hinzu kommen die 20 Milliarden Dollar, die der Kongress drei Tage nach den Anschlägen bewilligte. Damit werde man das „Militär auf den höchsten Verteidigungslevel bringen“, so Paul Wolfowitz, der Vizeverteidigungsminister der USA.
Schon am 1. Oktober wird die Bush-Regierung dem Kongress die lange angekündigte Überprüfung der Verteidigungsstrategie vorlegen. „Die alten Methoden werden kaum weiterhelfen“, glaubt Burghard Schmitt, Rüstungsexperte des Institute for Security Studies der Westeuropäischen Union. ANDREAS LAUTZ
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