pfusch bei bse-tests: Kontrolle statt Profit
Vor einem Jahr wäre dafür jeder Minister oder Firmenchef öffentlich geschlachtet worden. Die Spezialisten in den BSE-Labors hantieren mit den Tests wie unbedarfte Hausmänner mit der Kuchenmischung. Rezept? Egal. Wir experimentieren hier frei nach Schnauze: Ein bisschen weniger Tests hier, ein wenig kürzere Probenzeit da, und die Dokumente lassen wir doch am besten ganz weg.
Kommentarvon BERNHARD PÖTTER
Wieder einmal wird enttäuscht, wer auf die Verantwortung von Experten gesetzt hat, die in privaten Labors öffentliche Kontrollfunktionen wahrnehmen. Offensichtlich war der Druck der Fleischlobby auf die Privaten so stark, dass diese willfährig möglichst viel Fleisch möglichst schnell und möglichst billig negativ getestet haben.
Aber der Skandal hat sein Gutes, lässt sich doch etwas Schlichtes aus ihm lernen: Man sollte öffentliche Aufgaben nicht privat vergeben, wenn Profitinteressen dahinter stehen. Der Preis für effektive öffentliche Prüflabors ist hoch. Aber die Ausgaben für öffentliche Kontrolleure der privaten Kontrolleure und für das Aufräumen nach solchen Skandalen etwa durch Stützungskäufe am Rindfleischmarkt sind weitaus höher.
Der Pfusch im Labor zeigt aber auch: Mit dem Verbraucherschutz ist es auch ein Jahr nach Ende der BSE-Krise noch nicht weit her. Und die aufgedeckten Fälle in Bayern und Rheinland-Pfalz sind möglicherweise erst der Anfang. Sobald alle Länder beim Bund ihren Bericht abgeliefert haben, wie es um die Kontrolle der Lebensmittelkontrolle bei ihnen steht, werden wir von weiteren Verstößen hören. Ein Vorgeschmack war bereits der Bericht der EU-Kommission im Sommer, der in Deutschland massive Verstöße gegen die Vorschriften der Lebensmitttelkontrolle monierte.
Aber der Skandal hat auch eine politische Dimension. So wie die BSE-Krise vor einem Jahr das Thema Ernährung auf die Speisekarte und Renate Künast in den Ministersessel brachte, zeigt dieser Vorfall, dass die Agrarwende erst ganz am Anfang steht. Der agroindustrielle Komplex schert sich weiterhin einen Kuhdreck um die gesunde Ernährung der Menschen. Und der Skandal beweist, dass im Wahljahr nicht „Brioni oder Lederhose“ zur Wahl steht, sondern zum Beispiel die Zukunft der Ernährung in Deutschland und Europa. Es braucht eine entschlossene Ministerin, um diesen Stall auszumisten, den ihre Vorgänger – aus einer großen Rindviecherkoalition von SPD, FDP, CDU und CSU – haben verkommen lassen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen