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petition der wocheAmerikaner kämpfen für ein Recht auf Anonymität

Anlass der Petition In den USA fehlen weitgehend Regelungen für automatisierte Gesichts-erkennung

Das wollen die Initiatoren Das Verbot der Technologie

Das wollen sie nicht In einem Überwachungsstaat leben

Für IT-Konzerne von Amazon bis Microsoft ist die Technologie ein Traum. Die Methoden zur Gesichtserkennung, mit denen Menschen identifiziert werden können, sind ein neues großes Geschäft. Die KundInnen reichen von Privatleuten, die den Zugang zu Gebäuden kontrollieren wollen, bis zu Regierungsbehörden, die EinwanderInnen abschieben.

KritikerInnen warnen schon länger vor den Gefahren. Sie nennen die automatisierte Gesichtserkennung eine „Schleppnetzfahndung“. In den USA verlangen sie nun in einer Petition das komplette Verbot der Technologie (banfacialrecognition.com). Die Gesichtserkennung sei „unzuverlässig, voreingenommen und eine Bedrohung für die Grundrechte und die Sicherheit“. Seit die NGO „Fight for the Future“ die Petition im August ins Netz gestellt hat, haben mehr als 30.000 Menschen unterschrieben.

Ein Bündnis von mehr als 30 Initiativen – von Einwanderergruppen über Umweltorganisationen bis zu VerbraucherschützerInnen – hat sich angeschlossen. Wer die Petition unterschreibt, beauftragt damit PolitikerInnen auf kommunaler und bundesstaatlicher Ebene sowie die Kongressabgeordneten in Washington, die Gesichtserkennung zu verbieten.

Wir wollen keinen „Big Brother“, sagt Evan Greer, Vizedirektorin von „Fight for the Future“. Die 33-jährige Queer-Aktivistin und Musikerin hat sich schon vor den Enthüllungen von Ed Snowden 2013 für den Schutz von persönlichen Daten engagiert. Doch damals interessierten sich nur wenige US-AmerikanerInnen für das Thema. Inzwischen, glaubt Greer, ist das Bewusstsein dafür gestiegen.

Im Laufe dieses Jahres ist bekannt geworden, wie breit Gesichtserkennung bereits angewandt wird. Unter anderem kam heraus, dass die Abschiebebehörde ICE sie für die Abschiebung von papierlosen EinwanderInnen nutzt. ICE verschaffte sich dafür Zugang zu Führerscheinfotos in jenen Bundesstaaten, die es ihnen ermöglichen, einen Führerschein zu machen.

Drei US-Städte – San Francisco und Oakland in Kalifornien, Somerville in Massachusetts – haben auf kommunaler Ebene ihren Behörden bereits den Einsatz von Gesichtserkennungsmethoden verboten. Auch verschiedene Bundesstaaten – darunter das republikanisch regierte Michigan – diskutieren zurzeit über neue Gesetze.

Auf Bundesebene gibt es bislang noch keine Regelungen. Flughäfen, Polizeibehörden und das FBI arbeiten bisher ohne Einschränkungen mit der Gesichtserkennung. Der US-Kongress hat vor der Sommerpause begonnen, sich damit zu befassen. Auch in Washington gibt es kritische Stimmen. „Amerikaner wollen nicht überwacht werden, bloß weil sie einen Führerschein beantragen“, sagt etwa der demokratische Senator aus Vermont, Patrick Leahy. Aber „Fight for the Future“ will sich nicht mit kleinen Einschränkungen zufrieden geben. „Die Gesichtserkennung bietet keine Vorteile für die Menschheit“, sagt Greer. Sie verweist auf die hohe Fehlerquote bei AfroamerikanerInnen, die immer wieder wegen Computerfehlern verhaftet werden. Und sie betont, dass es keine Belege gebe, dass Massenüberwachung Gewalttaten und Terrorismus verhindert. Außerdem hätten die USA auch eine internationale Verantwortung, dass solche Technologien nicht in die Hände autoritärer Regime gelangten. Dorothea Hahn

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