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neue filme Starbuck – Holger Meins

D 2001, Regie: Gerd Conradt, 90 Min.

Die dffb-Klasse von 66 hat also nicht nur einen Terroristen, sondern mit Gerd Conradt auch einen seiner Dokumentaristen hervorgebracht. Der Kommilitone von Holger Meins und Harun Farocki geht in „Starbuck – Holger Meins“ auf eine Spurensuche, auf der er das Porträt eines Mannes wiederfindet, dessen skeptischer, strenger Blick einen Glauben an Moral, Integrität, Gerechtigkeit verbürgt und dessen hagerer Körper Rigorosität geradezu verbildlicht. Diese Rigorosität drängte es zunächst auf künstlerische Felder. Meins malte sich durch expressionistische Landschaften, fotografiert sich durch neusachliche Selbstporträts und es ist deutlich, dass Kunst für ihn eine schwer wiegende Tätigkeit ist. Dann werden seine Leinwände und, seit der dffb, auch seine Filme zu Agitationsmitteln.

Vor allem aber hangelt sich diese Dokumentation an Holger Meins’ Lebensleiter hoch: Hamburg, Protestantismus, Pfadfinder, Kunstschule, dffb, Schah, Ohnesorg, SDS, K 1, RAF, Gefängnis und Hungertod mit 33. Zeitzeugen, Zeitgenossen, Weggefährten, Bekannte und Dozenten beglaubigen die Umstände und liefern Charakterbeschreibungen oder Stimmungsbilder. Allerdings ist die Auskunftsfreude der eigens für die Dokumentation befragten Köpfe meistens weniger eindrucksvoll als das Stock-Material mit Interviews, die zu verschiedenen Zeiten mit Meins’ Vater Wilhelm geführt wurden. Durch das Engagement für seinen inhaftierten Sohn konnte sich der kleinbürgerliche Mann eine Meinung über die fragwürdige Rolle der Verfolgungs- und Justizbehörden bilden.

In den Siebzigerjahren war es nicht ungewöhnlich, im Terrorismus einen künstlerischen Akt zu sehen, die Erneuerung einer romantizistischen Expansion von Kunst in Lebenswelt. Im Kern von „Starbucks“ steckt ein Essay über die Verbindungen zwischen Meins Politik- und Kunstbegriff und über die Frage, inwieweit die strengen, quasireligiösen Forderungen nach künstlerischer Radikalität, Unmittelbarkeit und Konsequentheit auch zu zu Handlungsanweisungen im Politischen wurden. Zwar wird dieses Thema von den Zwängen der chronologischen Darstellung mehr oder weniger verdeckt, tritt aber gegen Ende von Conradts Films noch einmal hervor.

Im Gefängnis hat sich Holger Meins zum ersten Mal mit Mondrians reduktionistischer Abstraktion beschäftigt. Manfred Blessmann, der mit Meins auf der Kunstakademie war und schon zu Beginn des Films dessen frühe Bilder liebevoll und kenntnisreich kommentiert, ist erstaunt: Im Moment der Einsicht seines Scheiterns habe Holger Meins aus seinem Hass herausgefunden und eine letzte Wende vollzogen, die das „utopische Potential“ auch im Bereich eher symbolischer Übertretungen billigte.

FaF, Hackesche Höfe, Yorck

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