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nachgehaktUmweltverbände: Kein Geld „verbaselt“

Wer die Ems tot redet, tötet sie

WWF, BUND und NABU verzichteten 1994 auf ihre Klage gegen die letzte Emsvertiefung. Im Gegenzug verpflichtete sich die niedersächsische Landesregierung 17,5 Millionen Mark für die Renaturierung der Ems zur Verfügung zu stellen (taz vom 8. November). Beatrice Claus vom WWF/Bremen nimmt Stellung zum Vorwurf, 10 Millionen Mark nicht abgerufen zu haben.

taz: Warum sind 10 Millionen Mark für eine Stiftung zur Renaturierung der Ems noch nicht verfügbar?

Beatrice Claus: 1994 wurde vereinbart, diese Stiftung in den nächsten zehn Jahren einzurichten. Das Land hat noch bis Sommer 2004 Zeit, die offenen 10 Millionen Mark zu zahlen.

Hoffen die Verbände auf guten Willen des Landes?

Nein. Wir haben diese 10 Millionen Stiftungsgelder mehrfach beim Land angemahnt. Sollten diese Gelder bis 2004 nicht zur Verfügung stehen, haben die Umweltverbände rechtliche Möglichkeiten, das Geld einzufordern. Jetzt kommt Bewegung in das Verfahren, weil dies dem Land bekannt ist.

Gibt es Pläne zur Renaturierung der Ems?

Es gibt eine Leitlinie mit 200 Vorschlägen, die ein Hannoveraner Umweltinstitut im Auftrag der Verbände erstellt hat. Aus diesem Katalog haben wir konkrete Projekte ausgesucht und teilweise umgesetzt, andere sollen durch die Stiftung umgesetzt werden.

Können Sie konkrete Maßnahmen nennen?

Erste Priorität hat die Passierbarkeit von Wehren für Fische. Dann sollen Sieltiefs als Zuläufe zur Ems renaturiert werden, um natürliche Ufer und neue Laichplätze für Fische zu schaffen, sowie die Ansiedlung des Fischotters zu ermöglichen. Weiter schlagen wir vor, Flächen im Binnenland für den Wiesenvogelschutz aufzukaufen und Emsvorländer zu flusstypischen Lebensräumen zu entwickeln.

Gibt es Rückmeldungen über die Akzeptanz dieser Projekte aus den Behörden?

Der konkrete Plan liegt denen ja noch nicht vor. Die Rückverlegung bestimmter Deichabschnitte etwa werden die aber sicher nicht schlucken. Dafür reicht auch das Geld aus der Stiftung nicht.

Haben kostspielige Renaturierungsmaßnahmen an der Ems überhaupt noch Sinn?

Auf jeden Fall. Wer die Ems tot redet, der tötet sie. Sicher, der Fluss hat durch die Baumaßnahmen der letzten 18 Jahre schwer gelitten. Trotzdem gibt es Fischbestände und wertvolle Lebensräume wie Flusswatt, Röhricht und Auwaldreste, die geschützt und gefördert werden müssen. Es gibt im Fluss immer noch Bodenlebewesen wie Krebse und Muscheln, deren Lebensumfeld verbessert werden kann. Es gibt ein paar hochgradige Vogelschutzgebiete an der Ems, die nicht nur vor Verschlechterungen geschützt, sondern auch in ihrer Qualität noch verbessert werden müssen. Die Emsmündung ist eins der vier deutschen Flußästuare. Es wäre eine ökologische Katastrophe, diese einzigartigenBiotope ausschließlich der wirtschaftlichen Nutzung zu überlassen.

Interview: Thomas Schumacher

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