piwik no script img

meyers peinJürgen Trittin ist mutig

Warum sachlich, wenn es auch persönlich geht. Jürgen Trittin folgte diesem im Leben bisweilen recht nützlichen Prinzip, als er in einem Interview meinte: Der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer habe „die Mentalität eines Skinheads, und nicht nur das Aussehen. Das ist so die Flachheit, der geistige Tiefflug, der jeden rassistischen Schläger in dieser Republik auszeichnet.“

Kommentarvon EBERHARD SEIDEL

Eine Provokation. Vor allem die Anspielung auf die fehlende Haaresfülle von Meyer war überflüssig. Es war abzusehen, dass sich Meyer, der Grobian der CDU, in seiner Ehre gekränkt fühlen würde. Schließlich gilt: Jene, die am schärfsten austeilen, sind unberechenbare Sensibelchen, wenn sie einstecken müssen.

Trittin tat deshalb gut daran, sich bei Meyer für den Verstoß gegen die landesüblich geltenden bürgerlichen Umgangsformen zu entschuldigen. Er hat damit auch demonstriert, was die Linke moralisch von den Konservativen und der politischen Rechten trennt: Sie ist in der Lage, Fehler einzuräumen.

Weder die CDU-Parteichefin Angela Merkel noch der CDU-Generalsekretär haben sich bis heute zu einer vergleichbaren Geste gegenüber dem Bundeskanzler durchringen können. Bis heute wartet dieser auf eine Entschuldigung für die Entgleisung des CDU-Rentenplakats, das Schröder als Verbrecher abbildete.

Die Union macht sich zum Gespött, wenn sie nun vom Kanzler die Entlassung seines Umweltministers fordert. Gibt es in der CDU denn niemanden mehr, der die Partei vor den gröbsten Peinlichkeiten schützt? Der sie darauf hinweist, dass sie mit ihren Geifereien zunächst gegen Joschka Fischer und nun wieder gegen Trittin nur eines erreicht: die Offenbarung politischer Kopflosigkeit?

In dem allgemeinen Gezeter der Union droht unterzugehen, dass Trittin bei seinem Meyer-Bashing auf etwas hingewiesen hat, was in der Sozialforschung weitgehend unbestritten ist: Die deutschtümelnden, rechtspopulistischen Ausfälle vor allem von Unionspolitikern in den letzten zwanzig Jahren („Asylmissbrauch“, „Kinder statt Inder“ etc.) haben mehr zur Entstehung eines gewaltbereiten, rassistischen Klimas beigetragen als alle Agitationsbemühungen der NPD.

Die rechten Schläger orientieren sich bei ihrem Tun vor allem an den Hinweisreizen aus der politischen Mitte. Die CDU/CSU hat sie stets gut bedient. Es ehrt Jürgen Trittin, dass er so mutig war, auf diesen Zusammenhang noch einmal in aller Deutlichkeit hinzuweisen.

inland SEITE 6

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen