landschaftspflege à la kohl: DER AUSSCHUSS IST EIN ERFOLG
Woche für Woche treffen sich in Berlin 16 Abgeordnete, um einen anstrengenden Job zu tun: Sie versuchen herauszufinden, ob Millionen Mark illegale Spenden die CDU nur politikfähig oder die Kohl-Regierung auch politisch gefügig gemacht haben. Der Ort des Untersuchungsausschusses, die Katholische Akademie, soll der Wahrheitsfindung dienen. Aber was passiert? Zeugen schweigen oder lügen. Oder erzählen fantastische Geschichten. Keine Wahrheit, nirgendwo, so der Eindruck des unbedarften Zuschauers.
Der Eindruck ist richtig und doch falsch. Dafür, dass die Ermittler sich mit Zeugenlisten und kilometerweise Akten überladen haben, sind sie weit gekommen. Und das nicht allein, weil ständig neue Verdachtsfälle hinzukommen, bei denen die Regierungen unter Helmut Kohl sich Spendern gegenüber gefällig gezeigt haben könnten. Manche Indizienkette ist inzwischen so weit geschlossen, dass man getrost von Beeinflussung sprechen kann: Am Kanzleramt von außen rütteln mussten nur allzu ehrgeizige Ministerpräsidenten mit dem falschen Parteibuch. Für zwielichtige Lobbyisten oder scheinbar honorige Parteifreunde war der Zugang zum Kanzler dagegen kein Problem.
Der schlaue Christdemokrat Walther Leisler Kiep mag in der Katholischen Akademie lügen, „dass sich die Balken biegen“, wie der SPD-Obmann jammert. Die Wahrheit des Systems Kohl kann er dadurch schwerlich verschleiern. So elegant sie sein mögen, so vergnüglich formuliert – die Ausflüchte eines Kiep sind zu offensichtlich. Seine Briefe an den „lieben Helmut“ sprechen Bände. Die Akten, die Berichte der Zeitungen und die zusehends professionellere Fragetechnik der Abgeordneten widerlegen die Lügen. Sie zeigen: Dass der Waffenhändler Schreiber über Kiep bis an den Kanzler herankam – und der eifrig über den Stand von Panzergeschäften oder Rüstungsprojekten zurückkorrespondierte; dass mit Kohls Wissen und Willen spendierfreudige Konzerne vor unangenehmen Ermittlungen gewarnt wurden. Das reicht, damit ist der Untersuchungsauftrag erfüllt.
Am Ende der Ermittlungen werden zwei Berichte stehen: einer der Mehrheit. Und einer der CDU, die in einem Minderheitenvotum behaupten wird, nichts sei lückenlos bewiesen. Der deutsche Patriot Helmut Kohl sei nicht bestechlich. Und tatsächlich haben auch das die Sitzungen eindrucksvoll bewiesen: Kohl musste man nicht erst sagen, welche Gegenleistung er, bitte schön, für eine Spende zu erbringen hatte. Der Dicke hat vielleicht in der DDR keine „blühenden Landschaften“ zustande gebracht. Von politischer Landschaftsspflege aber verstand er mehr als jeder andere.
CHRISTIAN FÜLLER
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