piwik no script img

islamstunden erlaubtDer Unterricht muss neutral sein

Seit 20 Jahren ringt die Islamische Föderation quer durch alle Instanzen um die Genehmigung für den Religionsunterricht an Berliner Schulen. Das Verwaltungsgericht hat dem nun stattgegeben. Das Urteil ist folgerichtig und dennoch höchst bedauerlich.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Die mit dem Fundamentalismus liebäugelnde Föderation unterrichtet bereits an zwei Schulen. Ab dem kommenden Schuljahr könnte sie schon an 20 Schulen Islamunterricht in ihrem Sinne erteilen. Der Richterspruch sollte von einer zukünftigen Senatsregierung als konstruktiv verstanden werden: Schnelle Entscheidungen müssen her. Zu lange wurde von allen Beteiligten verdiskutiert. Und: Die Justiz kann nicht für die Versäumnisse der Politik aufkommen. Für Berlin ist es längst höchste Zeit, einen eigenständigen und weltanschaulich neutralen Unterricht anzubieten. Kenntnisse der Religionen sind wichtig. Und die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass sie sogar immer wichtiger werden.

Die Verantwortlichen in der Politik müssen erkennen, dass das Modell des staatlichen Komplettrückzugs aus dem Angebot an Sinnfragen gescheitert ist. Zumindest in einer multikulturellen Metropole. Nur in einem staatlich erarbeiteten, weltkundlichen Unterricht haben Schüler jeder Herkunft die Chance auf ein breites Grundwissen über Weltanschauungen. Noch-Schulsenator Klaus Böger (SPD) will nun das Schulgesetz dahingehend ändern und zugleich ein verbindliches Fach Ethik/Philosophie einführen. All dies hätte schon vor Jahren auf den Weg gebracht werden müssen. Einstweilen genießt die zweifelhafte Föderation die Freiheit des Rechtsstaates.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen