innere sicherheit: Sicherer, als man glaubt
Es ist ein Erfolg – und die Polizei brüstet sich fast schon aufdringlich mit ihm: „Ein Schüler könnte stolz sein über ein so gutes Zeugnis“, schreibt der Polizeipräsident zu einer Umfrage über die Zufriedenheit der Berlinerinnen und Berliner mit ihren Freunden und Helfern in Grün. Fast drei Viertel der Befragen sind zufrieden mit der Polizeiarbeit – so sehr, dass sie sogar zu fast 60 Prozent noch mehr Präsenz der Polizei wünschen. Das ist seltsam, da gleichzeitig nur jeder Fünfte sich unsicher fühlt im Großstadtdschungel und nur 2 Prozent der Befragten sagen, sie mieden manche Orte, weil es dort keine Polizeipräsenz gebe. Sind die Hauptstädter schizophren?
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Nein, es ist die schon oft festgestellte Diskrepanz zwischen der objektiven Sicherheitslage und dem subjektiven Sicherheitsempfinden, die hier durchschlägt: Man fühlt sich gefährdeter, als man ist. Die Kriminalität in der Stadt geht zurück, sagt die Statistik. Verglichen mit anderen westlichen Metropolen wie London, Paris oder New York kann man sich an der Spree verhältnismäßig sicher fühlen. Wo gibt es hier No-go-Areas?
Deshalb sollte die Politik nicht Forderungen nachgeben, noch mehr Polizisten einzustellen oder Videokameras an angeblich so arg gefährlichen Orten zu installieren. Berlin hat schon jetzt europaweit die höchste Dichte an Polizisten. Und eine Videoüberwachung ist langfristig schädlicher für den Rechtsstaat als ein paar Handtaschendiebstähle mehr ohne sie.
Um die Diskrepanz zwischen Sicherheitslage und -empfinden abzubauen gibt es deshalb vor allem ein Mittel: Die innere Sicherheit sollte nicht dauernd als billig-populistisches Politik- und Wahlkampfthema dienen. Denn der Hauptstadt fehlen nicht mehr Polizisten oder Kameras am Alex. Ihr fehlen gelassene Politiker und Polizisten, die der Versuchung widerstehen, durch das Schüren von Ängsten ihre Stimmen oder Personalstellen zu mehren.
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