heute in hamburg: „Tor zum Mädchen-handel“
Alternative Hafenrundfahrt „Frauenarbeit im Hafen und auf See”: Abfahrt ist um 17 Uhr am Anleger Vorsetzen
Interview Tjade Brinkmann
taz: Frau Mintrop, welchen Ort auf der heutigen Hafenrundfahrt finden Sie am spannendsten?
Magdalene Mintrop: Da kann ich mich nicht festlegen. Es geht in der Rundfahrt um den heutigen Hafen und die Containerisierung oder um die historische Hafenstadt als Tor zur Welt und damit auch als Tor zum internationalen Mädchenhandel.
Wie sah dieser Handel aus?
Das spielte sich im östlichen Hafen, am früheren Amerikahöft ab. Hamburg war im 19. Jahrhundert ein wichtiger Hafen, über den Zehntausende ausgewandert sind. Ab den 1880er-Jahren entstand hier ein umfangreicher Mädchenhandel. Überwiegend jüdische Mädchen, zum Beispiel aus Ungarn, Rumänien oder Russland, haben Hamburg als Transitstation genutzt.
Mit welchem Ziel?
Sie wurden mit Stellenangeboten aus dem Ausland gelockt: als Haushälterinnen oder Sängerinnen. Von Hamburg wollten sie in die Neue Welt, nach Nord- und Südamerika.
Welche Arbeiten haben Frauen damals sonst noch im Hafen übernommen?
Ende des 19. Jahrhunderts haben Frauen in der ganzen Speicherstadt und an der Großen Elbstraße als Verleserinnen Rohkaffeebohnen sortiert. Bei der Kaffeefirma Stucken und Andresen haben sie für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Zwar hat die Firma die Löhne tatsächlich erhöht, jedoch wurden fast alle Streikenden kurz danach entlassen.
Die Arbeit der Frauen wurde also nicht wertgeschätzt.
Ja, die Arbeit galt immer nur als Zuverdienst zum Lohn des Mannes. Das zeigte sich auch finanziell: Für gleiche Arbeit wurden Frauen wesentlich schlechter bezahlt als Männer.
Wie sieht es heute aus mit Frauenarbeit im Hafen?
Das ist eine schwierige Angelegenheit. Bei der Rundfahrt wird es gerade auch darum gehen, mit welchen Problemen Frauen auf See heute konfrontiert sind. Eine Untersuchung hat zum Beispiel gezeigt, dass Frauen mit Einsamkeit zu kämpfen haben.
Warum sind besonders Frauen davon betroffen?
Wenn Frauen Gespräche mit ihren männlichen Kollegen führen, führt das oft zu Klatsch. Auch sexuelle Belästigung und Diskriminierung auf See ist immer noch ein Thema. Es gibt zwar durchaus Versuche, Belästigungen und Diskriminierung anzugehen, jedoch hat sich da bisher kaum etwas verändert.
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