heute in hamburg: „Es gibt zu wenig barrierearme Wohnungen“
Infoveranstaltung „Gut leben für Jung und Alt in der Age-friendly City“, 18 Uhr, GLS Gemeinschaftsbank, Düsternstr. 10, freier Eintritt
Interview Nele Spandick
taz: Herr Hikl, was macht eine Stadt altersfreundlich?
Reinhold Hikl: Das kann man gar nicht so klar sagen. Je nachdem, wo man sich befindet, sind die Ansprüche verschieden. Wichtig ist, dass die Stadt das für sich herausfindet und die älteren Menschen am Prozess teilhaben lässt.
Sie selbst haben initiiert, dass der Ort Radevormwald als erste deutsche Stadt Teil des Netzwerks „Age-friendly Cities“ der Weltgesundheitsorganisation wurde. Was ist für ihren Ort wichtig, was auch für Hamburg relevant sein könnte?
Ein wichtiger Punkt war es, Barrieren im Straßenverkehr abzubauen. Wir haben uns zum Beispiel dafür eingesetzt, dass mehr Bordsteine abgesenkt werden, so dass Senioren gut mit Rollatoren mobil sein können. Außerdem ist die Förderung sozialer Beteiligung entscheidend. Bei uns in der Stadt gibt es dafür unter anderem einen Seniorenbeirat. Es gibt aber auch viele Dinge, die uns einfallen, wenn wir an alte Menschen denken und die auch für andere Gruppen wichtig sind.
Zum Beispiel?
Die Weltgesundheitsorganisation definiert als ein relevantes Oberthema den öffentlichen und bebauten Raum. Dass es dort, wo wir unterwegs sind, sauber und ansprechend aussieht, ist zwar für alte Menschen relevant, aber natürlich auch für alle anderen. Oder der Zugang zu gesundheitlicher Versorgung. Der wird im Alter vielleicht wesentlicher und ist trotzdem auch schon vorher wichtig.
Und wo hapert es noch?
Reinhold Hikl, 63, ist Ärztlicher Direktor im Sana Krankenhaus Radevormwald. Dort hat er das Projekt „Age-friendly City“ initiiert.
Beim Thema Wohnen. Es gibt zu wenig Wohnungen, die zentral liegen und barrierearm, also für alte Menschen bewohnbar, sind. Deswegen wohnen viele alte Menschen allein in großen Wohnungen oder Häusern, die Familien gut gebrauchen könnten. Ich gehe davon aus, dass das auch in einer großen Stadt wie Hamburg ein Problem ist.
Wie sähe denn eine Stadt aus, in der Sie selbst gerne altern würden?
Mir sind zwei Punkte besonders wichtig: Mobilität und Begegnung. Ich möchte selbstständig zu Geschäften oder Ärzten können. Dafür ist wichtig, dass es diese Orte nicht nur im Zentrum gibt. Aber natürlich auch, dass ich den öffentlichen Nahverkehr nutzen kann oder es sogar spezielle Angebote für den Transport alter Menschen gibt. Und da Einsamkeit ein großes Problem unter alten Menschen ist, ist es ebenfalls wichtig, als Stadt Begegnung zu organisieren – zum Beispiel in Begegnungsstätten.
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