heute in hamburg: „Man merkt, dass man nicht alleine ist“
Konzert und Lesung: Depression unplugged, im Rahmen der
, 20 Uhr, Ernst-Deutsch-Theater, Eintritt: 5 EuroInterview Marthe Ruddat
taz: Frau Gunst, Sie haben ein Album über Depressionen geschrieben. Hat Ihnen die Musik geholfen, Ihre Erkrankung zu bewältigen?
Marie-Luise Gunst: Musik ist mein sicherer Zufluchtsort. Manchmal ist sie sogar schneller als ich. Ich habe beim Schreiben Erkenntnisse, die sich erst später in mir manifestieren. Es ist ein bisschen wie ein Mantra, dass ich singe und erst später verstehe, was ich damit gemeint habe. Andererseits ist es ein Wagnis, sich so sehr zu öffnen und verletzlich zu zeigen.
Betroffene sind häufig mit Stigmatisierung und Vorurteilen konfrontiert.
Auf jeden Fall. Psychische Erkrankungen werden wenig wahrgenommen, der gesamtgesellschaftliche Dialog fehlt noch. Es wäre schön, wenn es mehr präventive Auseinandersetzung mit der Thematik geben würde.
Und Musik kann das leisten?
Für mich hat sich Musik als schöne Möglichkeit erwiesen, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Musik spricht da, wo Worte nicht sprechen können, sie berührt und bewegt in uns ganz andere Dinge. Ich glaube, so können auch Menschen, die nicht erkrankt sind, verstehen, was Depressionen für eine Dimension haben können und wie sie das Leben beeinflussen. Und gleichzeitig können sie sehen, dass Menschen mit Depressionen ganz normale Menschen sind, sie durchaus etwas leisten und spannende Dinge machen.
Waren Sie auch mal bei einer Selbsthilfegruppe?
Ja, das war aber eher ein Selbsthilfecafé. Allerdings bin ich wegen meines Berufs viel unterwegs und kann dort nicht regelmäßig hin. Ich habe das Café trotzdem immer als sehr gute Anlaufstelle empfunden.
Wie können Selbsthilfegruppen helfen?
Eine Erkrankung und besonders Depressionen haben immer viel mit Einsamkeit und Isolation zu tun. Selbsthilfegruppen sind ein toller Ausweg. Man merkt dort, dass man nicht alleine ist und trifft Menschen, die an unterschiedlichen Punkten der Erkrankung stehen. Man bekommt ein Gefühl für seine Erkrankung, kann dort auch sehen, dass es Momente gibt, in denen man stabiler ist, einen Ausweg findet. Ich glaube, man bekommt in Form von anderen Menschen einen Spiegel vorgehalten, der wirklich weiterhelfen kann. Und das schlägt wiederum den Bogen zur Musik: Man steht miteinander im Austausch und kann herausfinden: Was hilft mir? Und kann es vielleicht auch anderen helfen?
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