heute in hamburg: „Wichtig, die Polizeitaktik zu zeigen“
Lars Kollros, 38, ist Filmemacher, Künstler und Softwareentwickler. Er hat Soziologie in Duisburg studiert und lebt in Hamburg und Wien.
Interview Philipp Schulte
taz: Herr Kollros, sind Sie selbst schon einmal Opfer von Polizeigewalt geworden?
Lars Kollros: Nicht direkt. Ich habe auf Demonstrationen schon den Einsatz von Knüppeln und Pfefferspray erlebt oder, dass die Polizei etwas ruppiger vorgeht – gerade wenn man sich Neonazis in den Weg stellt. Als politischer Aktivist bin ich erfahren was Demonstrationen angeht. Aber was ich in Hamburg beim G20-Gipfel erlebt habe, war eine ganz andere Qualität. Das Vorgehen der Polizei war oft hart und ungerechtfertigt. So etwas habe ich noch nicht erlebt.
Was meinen Sie genau?
Die Polizei hat etwa die „Welcome to hell“-Demonstration zerschlagen. Das war eine angemeldete politische Aktion. Aber bei den Ausschreitungen im Schanzenviertel ist sie an jenem Freitagabend nicht vorgegangen und hat sie vier Stunden laufen lassen. Das verstehe ich nicht. Da sind Gebäude ausgebrannt. Die Schanze hat viele Zufahrten und die Polizei viele Wasserwerfer in der Stadt. Klar, dass sich da viele Leute angeschlossen haben, wenn es niemand unterbunden hat. Aber warum zieht sich die Polizei da zurück?
Wie war es, mit der Kamera bei den Demonstrationen dabei zu sein?
Ich hatte einen Helm, auf dem Presse stand. Dadurch war ich geschützt. Ich kam durch Polizeiketten und die Beamten waren nicht aggressiv. Am Samstagabend ist die Stimmung aber gekippt, als die Polizei die Schanze geräumt hat. Da durfte ich mir Dinge anhören wie: „Pressefreiheit ist jetzt vorbei.“ Oder: „Machen Sie die Kamera aus oder ich verhafte Sie.“
Warum zeigen Sie in Ihrem Film nicht die Plünderungen von Supermärkten und andere Vergehen?
Erstens habe ich das nicht gefilmt und zweitens waren das in meinen Augen eher Nebenschauplätze. Das war schlimm und muss strafrechtliche Konsequenzen haben. Aber mir war es wichtiger, die Polizeitaktik zu zeigen, die zur Eskalation geführt hat, und nicht die krassen Ausmaße der Gewalt. Außerdem wird der Freitagabend mit seinen Ausschreitungen seitens der linken Szene kritisch betrachtet.
Welche weiteren Ziele verfolgt der Film?
Er soll auf die Grundrechtsverletzungen der Polizei aufmerksam machen. Das müsste ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären. Aber bisher gibt es nur einen Sonderausschuss. Dort müssen nicht alle aussagen.
Film-Premiere „Festival der Demokratie – Dokumentarfilm über die G20-Proteste“: 20 Uhr, Abaton Kino
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