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heute in hamburg„Eine ganz eigene Würze“

taz.salon Christoph Raffelt schenkt Wein aus dem Libanon und Georgien ein – und spricht darüber

Christoph Raffelt

44, Autor, bloggt über handgemachten Wein unter originalverkorkt.de. In der taz erscheint seine Kolumne „Mundwerk“.

taz: Herr Raffelt, wie wirken sich politische Krisen auf den Weinbau aus?

Christoph Raffelt: Das kommt auf die Krise an. Wenn man sich den Libanon anschaut, der häufig in Kriege und Konflikte verwickelt ist, kann es schon mal sein, dass ganze Flächen verwüstet werden, Weinbau zwischenzeitlich nicht möglich ist oder unter Granatenbeschuss Wein geerntet wird.

Kann man in muslimischen Ländern überhaupt ungestört Wein machen?

Im Libanon ist es kein Problem, weil ein Großteil der Bevölkerung christlich ist. In Tunesien gibt es nur wenige Weinprojekte. In der Türkei muss man sehen, wie sich die politische Lage auf den Weinbau auswirkt. In den letzten Jahren gab es ein Revival.

Was gibt es in diesen Weinländern zu entdecken?

Das Interessante ist, dass sie alle ihre autochthonen Rebsorten haben, also Sorten, die nirgendwo anders vorkommen.

Was zeichnet diese Sorten aus?

Sie haben einen eigenen Charakter. Öküzgözü etwa ist eine türkische Rebsorte, die große Trauben, eine sehr dunkle Farbe und eine ganz eigene Würze hat.

Ist die Art des Weinanbaus anders als in etablierten Ländern?

Es gibt auch in der Türkei Winzer, die Weinbau mit europäischen Sorten machen. Dann gibt es althergebrachte Formen der Weinbereitung wie in Georgien, wo in alten Quevris, Tonamphoren, die in der Erde vergraben sind, Wein gemacht wird – im Prinzip so wie vor 5.000 Jahren.

Und das schmeckt man?

Oh ja. Weine aus dem Quevri sind meistens Weißweine, die viel mehr Gerbstoffe enthalten, als wir das hier so kennen. Gerbstoffe kommen in den Wein über die Traubenhäute und die -kerne, ein bisschen auch über die Stängel. In Mitteleuropa ist das üblich für Rotweine aber nicht für Weißweine. Das ergibt Weißweine, die vom Mundgefühl her an Rotweine erinnern.

Versuchen die dortigen Winzer, Weine zu erzeugen, deren Lage, deren „Terroir“ man schmeckt?

Das spielt noch nicht so die Rolle. Wenn ich einen serbischen Weißwein habe, wo eine Lage draufsteht, sagt das vielleicht nur einer Gruppe von serbischen Weinkennern überhaupt etwas. Ein sehr guter Wein muss nicht unbedingt ein Lagen-Wein sein.

Interview: Gernot Knödler

Verkostung von Weinen vom Balkan, aus dem Libanon, Georgien und Tunesien: 19.30 bis 21.30 Uhr, Kulturhaus 73, Schulterblatt 73; Restplätze für 24 Euro pro Person können bis 16 Uhr unter marketing@taz-nord.de oder ☎040-389017-458 reserviert werden

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