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heute in hamburg„Leider nicht überflüssig“

Erinnern Mahnwache am Carlebach-Platz erinnert an Pogrom der Nazis am 9. November 1938

Shlomo Bistritzky

38, hat jüdisches Gesetz studiert. Seit 2012 ist der streng orthodoxe Gelehrte Landesrabbiner.

taz: Herr Bistritzky, haben Sie die Initiative „Grindel leuchtet“ erfunden?

Shlomo Bistritzky: Nein, dieses Kerzenaufstellen an Stolpersteinen ging 2013 von einer Anwohnerinitiative aus. Ich habe mitgemacht, weil mir die Idee gefiel, auch auf diese Art an den antijüdischen Pogrom der Nazis am 9. November 1938 zu erinnern.

Heute gibt es zudem eine Mahnwache am Joseph-Carlebach-Platz, bei der Sie ein Gebet sprechen.

Ja, diese Mahnwache gibt es schon viele Jahre – wobei die jüdische Gemeinde auch hier nicht Veranstalter ist, sondern Gast einer privaten Initiative.

Aber Sie sprechen ein Gebet – das „El male rachamim“.

Ja. Das ist ein Gebet zum Totengedenken, das man zum Beispiel auf dem Friedhof am Grab spricht.

Aber die Mahnwache ist kein religiöses Ritual.

Nein, das Gebet ist nur ein Teil. Dort kommen auch Vertreter der Verfolgten des NS-Regimes, die Journalistin Peggy Parnass und Universitätsangehörige hin, um zu sprechen.

Warum findet das alles am Grindel statt?

Weil das Viertel vor dem Zweiten Weltkrieg Hauptwohngebiet Hamburger Juden war. Auch die Hauptsynagoge stand dort – die größte von insgesamt 20.

Und wer war Joseph Carlebach, Namensgeber des einstigen Synagogenplatzes?

Er war Schulleiter und der letzte Hamburger Rabbiner vor dem Zweiten Weltkrieg. Im Dritten Reich ist er bis zum letzten Moment in Hamburg geblieben, obwohl er hätte fliehen können. Aber er wollte die Gemeinde nicht allein lassen und wurde Ende 1941 ins KZ Jungfernhof bei Riga deportiert. 1942 wurde das Ehepaar Carlebach mit drei seiner Kinder erschossen. Fünf ihrer Kinder überlebten im britischen Exil. Der jüngste Sohn überlebte neun KZs.

Die Mahnwache am Grindel gibt es seit vielen Jahren. Wird sie bis in Ewigkeit fortgeführt? Immer dasselbe Ritual?

Wenn absehbar wäre, dass sich unsere Welt zu einem besseren Ort entwickelt, könnte man sagen: Wir brauchen solche Veranstaltungen nicht mehr. Aber das ist nicht der Fall. Man muss immer noch fürchten, dass Terror und Gewalt in Europa, in Deutschland passieren – und damit meine ich nicht nur Antisemitismus. Deshalb sehe ich nicht, dass solche Mahnwachen bald überflüssig werden.

Interview: PS

„Grindel leuchtet“ mit Mahnwache: 15.30 Uhr, Joseph-Carlebach-Platz

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