heute in bremerhaven: „Das wäre ein ganz großer Schlag für die Stadt“
Interview Jan Zier
taz: Sie eröffnen heute für vier Wochen einen neuen Laden in Bremerhavens Fußgängerzone. Was soll da passieren, Herr Pfleiderer?
Eberhard Pfleiderer: Das ist ein vom Weltladen betriebenes Informationsbüro, in dem es um fairen und biologischen Handel geht. Er ist zugleich die erste praktische Tat, die wir von der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Innenstadtentwicklung Bremerhaven“ vollbringen.
Welche Vorstellungen haben Sie für die Bremerhavener Innenstadt?
Es soll mehr Leben rein, und es soll nicht nur um Verkauf und Konsum gehen! Bei den anstehenden Veränderungen ist uns eine breite Bürgerbeteiligung sehr wichtig. Die Bremerhavener Innenstadt hat ja den Vorteil, dass dort noch viel Wohnbestand ist. Es gab dort auch viele Begegnungsstätten, nur hat sich im Laufe der Zeit das Ganze zu einer reinen Konsummeile entwickelt. Gerade sieht es sogar ein bisschen gruselig aus, es gibt viel kleinteiligen Leerstand, ein Kino schließt auch gerade. Da sollen jetzt aber nicht nur Wettbüros und Ein-Euro-Läden rein.
Der Magistrat hat ein Aktionsprogramm aufgelegt. Was passiert da?
Das soll für eine kurzfristige Belebung sorgen, womit zum Beispiel Fahrrad-Parkplätze gebaut oder mobile Kulturinseln geschaffen werden, auf denen etwas passieren kann. Aber die Innenstadtentwicklung ist ja ein jahrelanger Prozess. Da wollen wir uns positiv einbringen und verstehen uns vor allem als Ideengeber, wir haben auch schon mit vielen Beteiligten geredet. Es gibt für dieses Thema eine große Offenheit, alle haben begriffen, dass ich da etwas verändern muss und dass alle aktiv werden müssen.
Was kann man aus einer großen, leeren Immobilie wie der von Karstadt oder Saturn denn überhaupt machen?
Das ist ein knifflige Frage. Die Besitzer sitzen in New York oder Frankfurt, haben mit Bremerhaven nichts am Hut und wollen vor allem Gewinn machen. Die Verhandlungen laufen, aber es scheint, schwierig zu sein. Wir stellen uns vor, dass in so eine Immobilie viele kleine Projekte einziehen, mit biologisch, klimafreundlich oder regional erzeugten und fair gehandelten oder recycelten Produkten, ähnlich wie es das auch in Bremen oder Oldenburg gibt. Zudem wollen wir ein kulturelles Zentrum, ein Haus der Begegnungen und Kulturen schaffen, in dem nicht gewinnorientierte Initiativen, aber auch ein Café und die Bibliothek Platz haben und sich Jugendliche ungestört treffen können.
Hat die Fußgängerzone überhaupt genug Aufenthaltsqualität?
Auf jeden Fall! Die ist sehr breit, früher war das ja eine Magistrale – da kann viel unterkommen! Nur im Moment sieht es nicht so doll aus, Corona hat das noch verschärft. Das ist das Zentrum Bremerhavens!
Andere halten eher den Neuen Hafen rund um das Klima-, das Auswandererhaus und den Zoo am Meer für das Zentrum.
Das ist aber nicht das Herz der Stadt, wo die Menschen sind, die in Bremerhaven leben! Wenn die Fußgängerzone verebbt, wäre das ein ganz großer Schlag für die Stadt!
Eröffnung: 10 Uhr, Bürger 15, Bremerhaven
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