heute in bremen: „Die DGE ist im Heute angekommen“
Interview Lisa Bullerdiek
taz: Herr Saffe, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Standards für die Verpflegung in Schulen überarbeitet. Was ändert sich?
Jan Saffe: Wenn man die fast 100 Seiten durchliest, bemerkt man, dass dort nicht mehr nur von gesunder, sondern auch von nachhaltiger Ernährung die Rede ist. Nur halb so viel Fleisch soll in Schulen angeboten werden, die DGE bekennt sich zu artgerechterer Tierhaltung. Da hat jemand frische Luft reingepustet. Die DGE ist im Heute angekommen.
Wie hilft weniger Fleischkonsum?
Man sagt ja, dass wir mit unserem Fleischkonsum den Regenwald essen. Die Erzeugung unseres Essens hat Einfluss auf unsere Umwelt und auf uns. Auch Viren können sich durch Waldrodung besser verbreiten, weil Tiere aus ihrem Lebensraum vertrieben werden, die Krankheiten übertragen. Wir sind Opfer und Täter zugleich. Mit weniger Fleisch ist schon eine Menge getan.
Wozu brauchen wir die Standards denn?
Die Bundesregierung hat Anfang der 2000er erkannt, dass es einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit gibt. Sie hat die DGE damit beauftragt, ein Konzept zu entwickeln. Die DGE-Standards sollen ein Leitfaden für Köchinnen und Köche in Mensen sein. Das ist vor allem wichtig, weil es immer mehr Ganztagsschulen gibt, in denen die Kinder mehr Mahlzeiten zu sich nehmen. Die sollen möglichst gesund sein.
Aber die Standards sind auch konkrete Grundlagen für Verträge, oder?
Ja, seit 2010 sind sie Teil der Ausschreibungen für die Betreiber in Bremen. Deshalb stellen wir jetzt auch den Antrag in der Bürgerschaft. Mit unserem Aktionsplan 2025 für gesunde Ernährung in Bremen wollten wir eh in Schulen und Kindergärten bald nur Bio-Lebensmittel haben. Diese beiden Pläne bedingen sich gegenseitig und helfen uns, unsere Ziele umzusetzen. Einige Verträge mit Betreibern wurden vor 2010 abgeschlossen. Da müssen wir ran. Die meisten Betreiber machen das sehr gut, auch mit der zusätzlichen Belastung durch Corona. Andere müssen noch mitgenommen werden. Dabei können uns die DGE-Standards helfen.
Antrag in der Bürgerschaft „Neu aufgelegte Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bremen und Bremerhaven umsetzen“, Sitzung am 5. Mai, eingereicht von den Fraktionen der Grünen, der Linken und der SPD
Aber könnten die Betreiber, die sich nicht daran halten, bestraft werden?
Nein, das nicht.
In dem Verpflegungskonzept geht es nicht nur um Speisen und deren Zubereitung, sondern auch zum Beispiel um die Atmosphäre beim Essen. Warum sind solche Faktoren wichtig für die gesunde Ernährung von Kindern?
Der Ort, an dem sie essen, muss ein Ort sein, an dem sie sich gerne aufhalten. Es bringt nichts, wenn die Kinder zum nächsten Supermarkt rennen und sich dort ihr Essen kaufen. Sie wollen auch nicht gehetzt essen müssen. Das wäre auch für viele Erwachsene im Alltag wichtig.
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