heute in bremen: „Die Stadt muss Grundstücke kaufen“
Interview Lotta Drügemöller
taz: Anna Kreuzer, ich bin erstaunt, wie relativ voll die Bremer Innenstadt im Lockdown ist – gehen die alle in den Drogeriemarkt?
Anna Kreuzer: Ich war länger nicht mehr da; aber als die Stadt Weihnachten mit diesen schönen Bildern beleuchtet wurde, war auch viel los. Ich denke, dass viele jetzt ganz neue Eindrücke dort suchen. Jugendliche zum Beispiel können sich den Raum aneignen.
Was müsste passieren für einen „Aufbruch Innenstadt“, wie er heute proklamiert wird?
Wir brauchen öffentlichen Raum, der zum Aufhalten einlädt und Aneignung ermöglicht. Die großen Kaufhäuser müssten auch für Initiativen und Nischennutzungen zugänglich sein. Die noch vorhandenen Shoppingketten müssten mehr Erlebnis in die Innenstadt bringen. Und in der Innenstadt sollte auch gewohnt werden.
Aber wer macht den Anfang? Wäre es nicht seltsam, heute in der City zu leben?
Ja, absolut. Ich glaube, Kultur hat da eine wichtige Aufgabe: Wo mehr Kultur spielt, wird das Wohnen interessanter. Das geht Hand in Hand. Eine Rolle spielt auch der Preis: Für Kultur, fürs Wohnen, aber auch für neue Einzelhandelskonzepte braucht es günstigere Mieten.
Welchen Einfluss kann die Stadt da nehmen, wenn die meisten Immobilien in der City doch privaten Investoren gehören?
Das ist die zentrale Frage – sie kann natürlich Kooperationen aufbauen. Sie kann, sie muss, aber auch Grundstücke aufkaufen, um selber günstige Mieten anbieten zu können. Notfalls muss sie an anderer Stelle etwas verkaufen. Vor allem muss die Stadt selber Ideen entwickeln und nicht nur Investoren das Feld überlassen.
Digitale Podiumsdiskussion „Aufbruch Innenstadt. Wir sind die Neuen!“, ab 19 Uhr unter https://global.gotomeeting.com/join/
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Für Stadtteile gibt es das Ziel des Stadtteilzentrums. Wenn das Shopping nun in die Quartiere geht und Wohnungen in die City – kann man beides dann überhaupt unterscheiden?
Man könnte sich an der alten Bedeutung der Innenstadt orientieren: Da ging es um Demokratie, ums Begegnen, Kultur hat auch immer eine Rolle gespielt. Eine Sonderrolle wird die Innenstadt immer irgendwie haben, allein weil dort regiert wird; Rathaus und Bürgerschaft liegen hier.
Auffällig ist, dass von der Handelskammer niemand bei der Konferenz morgen dabei ist. Kann man ohne sie in der City agieren?
Nein. Heute soll es um die neuen Akteure gehen, aber es wird eine Folgeveranstaltung am 4. März geben, wo der Fokus mehr auf dem innerstädtischen Handel liegt. Jetzt schon dabei ist im Übrigen eine Handelsexpertin aus Hamburg. Die berät Ketten hin zu anderen Wegen des Einkaufens. Was vielleicht wirklich noch fehlt auf dem Podium, ist das Thema Wissenschaft. Die gehört nämlich meiner Meinung nach auch ganz klar in die Innenstadt.
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