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heute in bremen„Ein Raum, um das Verhalten zu überdenken“

Foto: Matthias Dembski

Susanne Fleischmann

57, ist Klimaschutzmanagerin in der Bremischen Evangelischen Kirche.

Interview Franziska Betz

taz: Frau Fleischmann, verzichten wir im Moment nicht schon genug?

Susanne Fleischmann: Das ist eine Frage des Blickwinkels. Wenn wir aus der christlichen Tradition vom Fasten sprechen, dann sehen wir das als eine Zeit des bewussten Verzichts, der Raum gibt für Gedanken an Gott. Mittlerweile ist es auch ein Raum, um das eigene Verhalten zu überdenken. Das ist der Unterschied zum unfreiwilligen Verzicht.

Wie geht es, fürs Klima zu fasten?

Es geht darum zu fragen, was es heißt, sich klimafreundlich zu verhalten. Jeder, der schon mal gefastet hat, weiß, wie anstrengend das sein kann. Deshalb gibt es bei unserer Fastenaktion jede Woche ein neues Thema und viele Tipps zum Ausprobieren.

Also meint Fasten hier nicht nur Essen?

Es geht um viele verschiedene Themen. Wir fangen mit dem Thema Wasser an – ein sehr unsichtbarer Faktor. Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie viel Wasser sie verbrauchen. Ein Haushalt verbraucht circa 110 bis 120 Liter pro Tag. Wenn man sich aber anschaut, wie viel Wasser die Produkte verbrauchen, die wir täglich konsumieren, kommen wir auf 3.900 Liter pro Person, pro Tag. Das ist erschreckend. Wir wollen aber keine Panik machen. Es geht darum, darüber nachzudenken.

Muss ich perfekt fasten?

Alle Sachen, die wir mit einem perfektionistischen Anspruch angehen, sind zum Scheitern verurteilt. Wenn ein Thema mich im Moment gar nicht anspricht, dann kann ich das auch überspringen und zwei Wochen lang ein anderes ausprobieren.

Was bewirkt Fasten bei Ihnen persönlich?

Es entspannt mich. Verzicht wird so negativ gesehen, aber in meiner Erfahrung schafft er Raum. Dann beschäftige ich mich mit Sachen, mit denen ich mich schon immer mal beschäftigen wollte. Ich will mich schon länger vegan ernähren und werde das in der Woche ausprobieren.

Klimafasten „So viel du brauchst ...“: heute bis Ostersonntag, Veranstaltungen und Infos unter: www.kirche-bremen.de/kirche-in-bremen/klimafasten/

Wird der Fleischhunger danach nicht noch größer?

Das ist nur allzu menschlich. Vielleicht hat man es dann etwas zu streng genommen. Ich will auch gar nicht, dass alle ab jetzt auf Fleisch verzichten. Aber ich fände es gut, wenn wir uns bei den Tierprodukten, die wir essen, damit auseinandersetzen, wie die Tiere gelebt haben. Und wenn ich darauf achte, dass es auf ökologischer Haltung kommt, dann kann ich mir auch mal ein schönes Stück Fleisch machen und das genießen.

Können nur Christen fasten?

Die Fastenaktion richtet sich bewusst an jeden. Es gibt einen kleinen Schwerpunkt mit theologischen Impulsen. Es ist ja eine Aktion der Kirchen. Mit dem Klimaschutz kann sich aber jeder auseinandersetzen, ob christlich oder nicht.

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