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heute in bremen„Zumindest bleibt ein Detail erhalten“

Foto: Symbolfoto: Baekemm/ Wikimedia

Kornelia Renemann, 64, sucht seit 2013 mit dem Initiativkreis Stolpersteine Bremen nach den Lebensgeschichten von NS-Opfern. Das nun erschienene Buch „Stolpersteine in der Neustadt“ ist der sechste Band der Buchreihe aus verschiedenen Stadtteilen.

Interview Lotta Drügemöller

taz: Frau Renemann, das Buchprojekt zu Stolpersteinen in der Bremer Neustadt sammelt Biografien von Opfern aus der Zeit des Nazi-Regimes. Wie findet man etwas über das Leben von Menschen heraus, die seit mehr als 75 Jahren tot sind?

Kornelia Renemann: Zum Beispiel im Staatsarchiv: Besonders bei Juden wurden die Daten vom Regime ganz akribisch erfasst. Bei Zeugen Jehovas und politisch Verfolgten ist es schon sehr viel schwieriger – solange es da zu Prozessen und Verurteilungen gekommen ist, gibt es natürlich die Gerichtsakten. Und im Falle der Euthanasie können wir auf das Archiv im Krankenhaus-Ost zurückgreifen, viele Krankenakten sind erhalten geblieben. Zum Teil gibt es natürlich noch die Möglichkeit, mit überlebenden Familienangehörigen zu sprechen, dann wird es etwas persönlicher. Es gibt also nicht einen Weg, sondern viele.

Die meisten dieser Wege beruhen auf den Angaben des Regimes …

Ja, das bedeutet natürlich, dass man genau hinschauen muss: Was ist Fakt, was ist die Strömung der Zeit, wie wird was beurteilt. Es ist eine sensible Arbeit. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass wir ein genaues Bild bekommen. In so einer Prozessakte steht dann zum Beispiel nur, dass sich die Angeklagten zu angeblichen Geburtstagsrunden getroffen haben, um sich heimlich zu besprechen. Das sagt wenig über den Lebenslauf – aber zumindest bleibt ein Detail erhalten.

In der Neustadt sind 95 Stolpersteine verlegt, zu denen Sie versucht haben, mit Freiwilligen des Initiativkreis Stolpersteine Bremen Informationen zusammenzutragen. Wie viel Zeit ist da reingeflossen?

Buchpremiere „Stolpersteine in der Neustadt“, mit Lesung von Rainer Iwersen, Shakespeare Company, 19.30 Uhr

Wir arbeiten alle ehrenamtlich – die Stunden zählen wir gar nicht. Aber ich kann versichern: Akten durchzuarbeiten, das kann schon etliche Stunden dauern. Dann folgt noch das zweite Lesen, dabei fallen einem andere Sachen auf. Und das dritte, um noch mal zu kontrollieren, ob man alles richtig verstanden hat. Es ist viel Zeit, das steht fest.

Viel Zeit, in der man sich mit vielen Gräueln beschäftigt. Wird es dadurch schwerer?

Einen gewissen Abstand muss man wahren, um das machen zu können – ohne die Emotionen für die Ereignisse zu verlieren. Das ist schwer: Ich habe auch schon Führungen zu Stolpersteinen gemacht und bin währenddessen an Punkte gekommen, wo auch mir die Tränen in die Augen geschossen sind. Beim nächsten Mal nehme ich mir dann vor, dass mir das an der selben Stelle nicht wieder passiert – und dann überrascht es mich plötzlich an einem anderen Punkt. Aber in Erinnerung zu rufen, was passiert ist, das auch als Mahnung zu sehen für heute, das ist uns so wichtig, dass wir weitermachen.

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