heute in bremen: „soziale Raumnutzung regeln“
Interview Lea Schweckendiek
taz: Herr Novy-Huy, was reguliert das Erbbaurecht?
Rolf Novy-Huy: Das Erbbaurecht ist ein Instrument der Bodenpolitik. Richtig eingesetzt kann es eine soziale Raumnutzung regeln.
Wie macht es das?
Der Boden gehört einem Eigentümer, idealerweise der Kommune. Diese verpachtet an einen Nutzenden – gegen die regelmäßige Zahlung eines Erbbauzinses. Ein Vertrag regelt alle Details: wie lang dem Nutzenden der Boden zusteht, welche Regularien für die Nutzung gelten.
Wieso ist diese Art der Bodenverwaltung sozial?
Dafür muss man zunächst einmal sehen: mit Boden wird derzeit gehandelt wie mit anderen Gütern. Dabei ist er etwas ganz anderes, er ist nämlich einfach da, wird nicht geschaffen. Somit gehört er eigentlich allen. Derzeit sehen die Besitzverhältnisse aber anders aus. Wenn der Boden den Kommunen gehören würde, läge er in der Hand der Allgemeinheit. Die Kommunen als Vertretungsorgane könnten dann im Sinne der Bevölkerung die Bodennutzung regeln. Raum könnte vertraglich für Kultur, für Kindergärten, für Altencafés genutzt – und dürfte nicht von den Nutzenden umfunktioniert oder gar verkauft werden.
Was bedeutet es für die Nutzer*innen, wenn der Boden auf dem sie leben kein Privatbesitz mehr ist?
Diskussion „Das Erbbaurecht: die Anwendung einer revolutionären Errungenschaft“. 19 Uhr, Villa Ichon (Goetheplatz 4)
Auch die Nutzenden profitieren vom Erbbaurecht – in Form von Sicherheit. Ihre Nutzungsverträge sind Zweckgebunden und sie beinhalten eine feste Jahreszahl. Das sichert etwa wohnende Familien ab, dass sie weder Interessen privater Eigentümer weichen noch vorzeitig ihren Wohnraum verlassen müssen.
Wieso wird das Erbbaurecht als Regulierungsinstrument derzeit noch kaum genutzt?
Ich denke, das liegt an fehlender Kenntnis. Erst wenn man das Erbbaurecht detailliert begriffen hat, kann man es kreativ anwenden. Und erst diese kreative Anwendung eröffnet den Handlungsspielraum des Rechtes im vollen Umfang. Allerdings wird wieder vermehrt darüber nachgedacht – etwa Berlin und München gehen gerade mit gutem Beispiel voran und probieren sich mit dem Instrument aus.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen