heute in Bremen: „Keine doppelten Standards“
VORTRAG Tagsüber wird Israels 69. Geburtstag gefeiert, abends der Sechs-Tage-Krieg erklärt
Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Berlin und Leiter des „Mideast Freedom Forum Berlin“.
taz: Herr Spaney, der Sechs-Tage-Krieg markiert eine Wende in der Haltung der deutschen Linken zu Israel. Warum?
Michael Spaney: Massive sowjetische Propaganda verurteilte Israel als „kolonialistische, faschistische Besatzungsmacht“. Die Auswirkungen reichten bis weit in die west-europäische Linke und die Studentenbewegung hinein. Eine rationale Analyse des Konflikts blieb im ideologischen Kampf der Weltanschauungen bis heute auf der Strecke.
Was fehlt in der Betrachtung?
Etwa, dass Ägypten durch die Sperrung der Meerenge von Tiran einen Völkerrechtsbruch beging – der eigentliche Auslöser des Sechs-Tage-Krieges. Israel hatte auch nicht vor, Jordanien oder Syrien anzugreifen, Verteidigungsminister Moshe Dayan hatte bis zuletzt versucht, diese Front zu vermeiden.
Am Ende eroberten die Israelis von Ägypten die Sinai-Halbinsel, von Syrien die Golanhöhen und von Jordanien das Westjordanland. Dort setzte auch die Siedlerbewegung ein. Ein Problem für den Frieden?
Israel ist fähig, auch besetzte Gebiete zurückzugeben, wenn es im Gegenzug eine Anerkennung des Staates und eine Friedenslösung bekommt. Der Friedensvertrag mit Ägypten, für den Israel die Sinai-Halbinsel zurückgab, hält bis heute. 2005 hat Ariel Scharon den Gaza-Streifen zurückgegeben.
Ist Frieden mit der heutigen rechten Regierung möglich?
Nach der Rückgabe Gazas hat Iran die Hamas mit Raketen ausgestattet, die fortan auf Israel gefeuert wurden. Einige Israelis haben seitdem vermehrt rechts gewählt, weil sie befürchten, dass eine Rückgabe der Westbank zu ähnlichen Ergebnissen führen könnte. Nichtsdestotrotz hat Premierminister Benjamin Netanjahu immer wieder eine Bereitschaft zu direkten Verhandlungen und einer Zwei-Staaten-Lösung signalisiert. Aber es gibt in seiner Koalition auch Kräfte, die dem entgegenstehen.
Lässt sich in der Solidarität mit Israel davon abstrahieren?
Die deutsch-israelische Freundschaft sollte gefeiert werden, wie die deutsch-französische oder die deutsch-britische. Wie Deutschland und Israel sind es Demokratien, Alltagsrassismus ist leider in all diesen Staaten ein zu kritisierendes Phänomen. Ich plädiere dafür, dass für die Beziehung zu Israel keine doppelten Standards gelten.
Jean-Philipp Baeck
13 Uhr, „Israeltag“, Marktplatz
20 Uhr, Vortrag „Sechstagekrieg 1967“ Jüdische Gemeinde, Schwachhauser Heerstraße 117
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