piwik no script img

heute in Bremen„Sie benötigen Beistand“

Hilfe für Opfer Am Tag der Kriminalitätsopfer stellt der Weiße Ring seine Arbeit an Infoständen vor

Magaret Hoffmann

66, Rechtsanwältin, ist stellvertretende Landesvorsitzende des Weißen Rings Bremen und Leiterin der Außenstelle Bremerhaven.

taz: Frau Hoffmann, wozu gibts den Tag der Kriminalitätsopfer?

Magaret Hoffmann: Opfer stehen immer im Hintergrund, bei der Berichterstattung und im Strafprozess. Dabei ist es wichtig, sie nicht zu vergessen: Sie benötigen Beistand und Schutz der Gesellschaft. Dafür tritt der Weiße Ring ein – und darauf machen wir am Tag der Kriminalitätsopfer aufmerksam.

Engagieren Sie sich eher für eine Verbesserung der gesellschaftlichen oder der strafrechtlichen Situation?

Sowohl als auch: Menschen, die Opfer geworden sind, sollen juristisch richtig beraten werden, aber auch menschlichen Beistand finden. Wir halten es für notwendig, Opfern zur Seite zu stehen und sie bei Ämter- und Gerichtsgängen zu begleiten.

Ist zu helfen nicht Aufgabe der Behörden?

Wir arbeiten zwar gut mit den Behörden zusammen, zumal mit der Polizei, die Betroffenen den Kontakt zu uns vermitteln: Oft wissen die ja gar nicht, dass es den Weißen Ring gibt. Aber im Grunde wollen die Ämter etwas von einem, wenn man Opfer wird. Die Ämter haben ja Funktionen – und die bestimmen das Verhältnis. Ein Richter oder ein Staatsanwalt braucht beispielsweise für seinen Prozess verwertbare Aussagen. Er befragt das Opfer als Zeugen – und fertig. Dabei brauchen sie oft gerade für die Befragung unsere professionelle Betreuung.

… und bei Traumatisierungen psychologischen Beistand?

Ja, und zwar zügig, ohne unzumutbare Wartezeiten. Deshalb fordern wir auch, mehr Psychotherapeuten zuzulassen. Da sehen wir die Krankenkassen in der Pflicht.

Wie sind Sie selbst zum Weißen Ring gekommen?

Durch meinen Beruf. Als Rechtsanwältin habe ich in den 1980er-Jahren erlebt, wie wenig Rechte den Opfern eingeräumt wurden. Die waren oft nur Beweismittel.

Das ist heute anders?

Oh ja, da hat sich viel getan – auch durch die Arbeit des Weißen Rings. Vor allem werden die Rechte des Opfers, die schon lange gesetzlich verankert sind, endlich angewandt. Das Adhäsionsverfahren zum Beispiel …

Das ist?

Das ermöglicht, im Strafprozess eine Schmerzensgeldentscheidung zu verlangen. Das wurde früher nie angewandt, und wenn Anträge abgelehnt wurden, konnte kein Rechtsmittel eingelegt werden. Mittlerweile müssen die Richter ihre Entscheidung begründen, wenn sie den Anträgen nicht stattgeben.

interview: bes

Bremen: Infostand im Hauptbahnhof, 11–17 Uhr;

Bremerhaven: Infostand Wochenmarkt in Geestemünde, 7.30–13 Uhr; Andacht in der Großen Kirche: 18 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen