heute in Bremen: „Sind zwei Begriffe nötig?“
LGBT Der Verein Belladonna lädt zur Diskussion über 15 Jahre eingetragene Lebenspartnerschaft
38, ist Anwältin und hat im Auftrag des Bundesfamilienministeriums die aktuelle Rechtslage für Transmenschen analysiert.
taz: Frau Adamietz, warum sollte die eingetragene Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichgestellt werden?
Laura Adamietz: Weil die derzeitige Rechtspraxis Lebensformen unterschiedlich behandelt. Aus juristischer Sicht muss aber jede Ungleichbehandlung auch gerechtfertigt sein. Die aktuelle Regelung ist also nur solange legitim, wie eine heterosexuelle Norm vorliegt. Wenn man aber davon ausgeht, dass alle Lebensformen gleichwertig sind, braucht man keine zweite Institution neben der Ehe.
Einer der wenigen noch bestehenden Unterschiede ist das Adoptionsrecht – warum?
Viele Leute haben Vorurteile darüber, was gut für Kinder ist. Es gilt als normal und gut, wenn ein Kind mit Vater und Mutter aufwächst. Aber dem ist häufig nicht so. Viele Kinder wachsen mit nur einem Elternteil auf. Oder mit gleichgeschlechtlichen Eltern. Oder sie leben in einer Patchwork-Familie. Oder müssen mit häufig wechselnden Partnern ihrer Eltern zurechtkommen. Von der Normalvorstellung haben wir uns also längst verabschiedet.
Angela Merkel sagte 2013 im TV-Duell mit Peer Steinbrück, dass homosexuelle Paare dem Kindeswohl schaden.
Das sehe ich nicht so, und der Bundesgerichtshof inzwischen auch nicht mehr. Er hat bestätigt, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Familien die gleichen Chancen haben wie Kinder in einer traditionellen Familie.
Also ist die Ehe nicht besser für das Kindeswohl?
Die eingetragene Lebenspartnerschaft ist, auch aus Sicht des Bundesgerichtshofs, zumindest nicht schlechter für das Kindeswohl.
Dann steht der Gleichstellung ja nichts mehr im Weg.
Das sollte man meinen. Wir haben wichtigere Dinge zu tun, als uns damit aufzuhalten, einzelne Gruppen zu marginalisieren. Einer Gleichstellung steht rechtlich und rechtspolitisch nichts entgegen. Trotzdem zeigt sich die Politik seit Jahren schwerfällig und schafft es nicht, diesen Teil des Rechts zu reformieren. Gerade konservativ geführte Behörden bewegen sich nur, wenn sie es müssen.
Wo liegt das Problem?
In der politischen Frage, ob wir zwei Begriffe für dieselbe Institution brauchen.
Wie meinen Sie das?
Vom Adoptionsrecht einmal abgesehen, macht es rechtlich eigentlich keinen Unterschied mehr, ob jemand in einer Lebenspartnerschaft oder in einer Ehe lebt, schon gar nicht für die Rechte und Pflichten innerhalb dieser Partnerschaften. Die begriffliche Unterscheidung signalisiert, dass nicht alle das Etikett „Ehe“ tragen dürfen, dieser also nach wie vor ein anderer Status beigemessen wird.
Warum sollte man das überhaupt tun wollen?
Mir scheint, die Gegner einer Gleichstellung haben eine biologische Vorstellung von Geschlecht, die mit Vorstellungen über eine Art „natürlicher“ Sexualität vermischt wird. Sie sehen in der heterosexuellen Familie die Keimzelle des Staates, die über einen Schutz der Ehe zu schützen ist.Interview: Lukas Thöle
19.30 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5
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