gestürzt: Es nervt, dass Hamburg nur für Autos Schnee räumt
Als Fußgänger:in oder Radfahrer:in ist man dieser Tage ziemlich neidisch auf die täglich rund 50.000 bis 60.000 Autos, die neben einem gemütlich auf der Hamburger Stresemannstraße zuckeln. Die Fahrer:innen erleben aber auch paradiesische Verhältnisse: Vier Streifen mit schön sauberem Asphalt, kein Schnee, kein Eis, nix.
Auf den schmalen Streifen daneben, wo sich die Übrigen selbst bei warmen Temperaturen schon immer ins Gehege kommen, ist das Fortkommen dagegen ein beständiger Kampf gegen den Sturz auf dem Glatteis. Die letzten Tage zeigen: So wie die Verantwortlichkeiten geregelt sind, funktioniert es nicht. Besser wäre: Der städtische Winterdienst kümmert sich ebenso fürsorglich um die Fuß- und Radwege, wie er es auf den Straßen erledigt.
Dass es mal für eine kurze Zeit nach dem Einbruch von Schnee ein bisschen chaotisch auf den Wegen ist – okay! Nur sind es jetzt schon ziemlich viele Tage, in denen man sich in Hamburg wie bei einem Querfeldein-Rennen fühlt: Mal haben Anlieger:innen freundlicherweise Fuß- wie Radweg vom Eis befreit, mal ist der Radweg stellenweise so vereist, dass man immer wieder im Slalom zwischen Fuß- und Radweg wechselt. Dann wieder ist es einfach eine lange, lange riesige Eisfläche, woraufhin eine verschneite Huckelpiste mit Kieselsteinen folgt. Mehr als 100 Menschen ist das unfallfreie Fortkommen seit Wochenbeginn nicht gelungen.
Das Hamburgische Wegegesetz, Paragraf 31, regelt ja eigentlich den Winterdienst durch die Anliegerinnen und Anlieger ziemlich deutlich: Die müssen vor ihren Grundstücken einen mindestens einen Meter breiten Streifen freischaufeln. Und der, übrigens ohne Salz, ist bei Glätte „mit abstumpfenden Mitteln, wenn notwendig wiederholt, zu streuen.“ Die Radwege hingegen sind Aufgabe des städtischen Winterdienstes. Beides nur klappt leider nicht mal auf den großen Hamburger Hauptverkehrs-Achsen.
Schuld daran ist sicher nicht das Salzverbot, das auf den Straßen nicht gilt. Es bräuchte nur ausreichend Personal beim städtischen Winterdienst. Und wenn das dann auch gleich die Fußwege freischaufelt, wären doch alle glücklich: Anlieger:innen müssen nicht mehr selbst schaufeln oder jemanden damit beauftragen. Sie müssen auch nicht mehr fürchten, von den Gestürzten verklagt zu werden. Dafür zahlen sie eine Gebühr, mit der wiederum der städtische Winterdienst mehr Personal einstellen kann. Und dieses Personal wird dann vom städtischen Betrieb vernünftig bezahlt. Alle Fuß- und Radwege sind dann einheitlich und ausreichend vom Eis befreit.
Der Willkür, der sich Fußgänger:innen und Radfahrer:innen ausgesetzt sehen, ist dann endlich ein Ende gesetzt. Fast schon ein paradiesischer Zustand in klirrender Kälte.André Zuschlag
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen