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generation bafög

von HEIKE RUNGE

Immer kurz vor Jahresende werden die nutzlosesten Behörden, Ämter und Geschäftsleute noch mal hektisch und schütten einen mit fordernden Briefen nur so zu. Stets heißt es dann, dass man irgendwelche Summen überweisen soll, und zwar ruck, zuck subito. So bekommt das schöne Wort „Weihnachtsgeld“ für freischwebende Existenzen einen ganz besonderen Klang.

Noch ganz angenehme Briefe kommen vom Verlag der Mund- und Fußmalenden Künstler. Ob man eventuell noch paar Weihnachtskarten brauchen könnte? Nein, selbstverständlich nicht. Man ist ja selber Künstlerin. Prophylaktisch haben die Künstler aber schon mal eine kleine Auswahl beigelegt und praktischerweise auch gleich ein Überweisungsformular dazugepackt. Alles ist aber ganz freiwillig. Falls man skrupellos genug ist, sackt man die Karten einfach ein, schickt sie in der Weltgeschichte rum und zahlt dafür keinen Pfennig.

Nachdrücklicher formuliert dagegen das Finanzamt seine Geldwünsche: „So, so“, schreibt es, „sie sind also Künstlerin. Und noch dazu eine äußerst erfolglose. Wir können es eigentlich gar nicht glauben, dass jemand so erfolglos ist. Deshalb haben wir Ihre Einkommensteuervorauszahlung für das kommende Jahr auch großzügig erhöht. Zahlen Sie die Summe rapido, oder beschweren Sie sich nach Ablauf der Frist.“

Haben die sich vielleicht verrechnet? So was kommt natürlich vor, ist aber doch eher unwahrscheinlich. Oder vielleicht in die falsche Tabelle geschaut? Auch nicht realistisch. Sehr wahrscheinlich aber ist, dass sie einfach die Zahl der Hundeposter im Zimmer von Sachbearbeiterin A. mit der Anzahl der Gummibäume vom Kollegen B. multipliziert haben. Dann noch zwei Nullen drangehängt, und fertig war der Steuerbescheid.

Eine Behörde, bei der auch alles mit rechten Dingen zugeht, ist das Bafög-Amt. Und das Tolle ist: Es schickt seine Zahlungsforderungen immer genau im richtigen Moment. Allerdings nur an die Mitglieder der Generation Bafög. Das sind die, die zur falschen Zeit ihr Studium begonnen haben und das Bafög deshalb zurückzahlen dürfen. Das Bafög-Amt schreibt: „Sicherlich erinnern Sie sich noch gut an die Zeit, als Helmut Schmidt Bundeskanzler war. Sie waren jung und brauchten das Geld. Angeblich, um zu studieren.“ Eigentlich wollte man damals ja nur ausschlafen und ein bisschen Remmidemmi machen. Aber an die Zeit, als Schmidt Kanzler war, kann man sich selbstverständlich lebhaft erinnern. Im Kanzleramt herrschte Langeweile, denn die Ostverträge hatte jemand schon gemacht, und die DDR suchte partout noch nicht nach Anschluss. Blieben also die Terroristen und Studenten. „Die sollen zahlen. Nur wer durch die Schützengräben gekrochen ist, weiß, was leiden heißt“, bleckte der Kanzler und nannte es „Bildungsreform“.

Wenn es mal wieder eng wird, also kurz vor Jahresende, schreiben Angehörige der Generation Bafög ans Bafög-Amt, und dann antwortet es mit Schmidt: „Amnestie? – Nö und nie!“ Wenn demnächst das Bafög-Amt in die Luft fliegt, geht das nicht auf das Konto der RAF, sondern der BAF.

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