energiedialog: STRATEGISCHER FEHLTRITT
Der schöne Konsens ist weg. Die bösen Umweltverbände haben ihn platzen lassen, indem sie Wirtschaftsminister Werner Müllers faden „Energiedialog 2000“ verließen. Dass die Umweltschützer nicht mehr mitmachen, kommt nicht überraschend. Schon durch die Auswahl der Mitglieder war sichergestellt, dass aus dem Dialog nichts Innovatives entstehen konnte. Schließlich haben dort Altindustrie und Kohlelobby die Übermacht.
Der Energiedialog war von Anfang an der – durchschaubare – Versuch Werner Müllers gewesen, seinen Kollegen Jürgen Trittin vorzuführen. Als Müller den Dialog vor gut einem Jahr anleierte, kämpfte er gerade mit dem Umweltminister um die Meinungsführerschaft beim Thema Atomausstieg. Der Energiedialog sollte beweisen, dass Müller konstruktiv an die Sache herangehe, während der Grüne destruktiv im Nein verharre. So berief Müller, engstirnig auf seine Zuständigkeit für Energiewirtschaft pochend, den Dialog ohne Beteiligung des Umweltminsters ein.
Vor einem Jahr litt Trittin unter seinem Fehlstart beim Atomausstieg, musste sogar die Altautopolitik seines Kanzlers vollstrecken. Inzwischen hat der Grüne die Regierungseinigung zum Ausstiegsgesetz durchgebracht und virtuos vor seiner Partei verteidigt. Nun wird deutlich, dass Müller vor allem dank Trittins Ungeschick geglänzt hat. Inzwischen ist es um den Parteilosen ziemlich ruhig geworden. Bei den Streitpunkten Kraft-Wärme-Kopplung und beim Energieeinspeisegesetz musste er gar empfindliche Niederlagen hinnehmen.
Was sich bislang als Ergebnis des Energiedialoges 2000 abzeichnet, ist alles andere als zukunftsweisend. Was soll man auch erwarten von einem Gremium, in dem ernsthaft debattiert wurde, ob der Treibhauseffekt ein Problem darstellt und ob Busse wirklich energiesparender als Autos sind. Es ist schon verwunderlich, dass die Umweltverbände überhaupt so lange dabeigeblieben sind. MATTHIAS URBACH
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