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die wahrheitNeues aus Neuseeland: Spottlied der einsamen Rammlerpeitschen

Country-Musik hat selten so gut geklungen wie bei den Lonesome Buckwhips. Denn was die Comedy-Musiker darbieten, ist vertonte Satire rund ums Hinterwäldlertum.

Country-Musik hat selten so gut geklungen wie bei den Lonesome Buckwhips (zu Deutsch: "Einsame Rammlerpeitschen"). Denn was die Comedy-Musiker darbieten, ist vertonte Satire rund ums Hinterwäldlertum. Die drei Jungs samt Dame, meist in filzigen Karohemden und Rüschenschürzen, stilisieren sich als Bauernfamilie Buckwhip aus den tiefsten Untiefen der Südinsel. Zum Schunkeln schön ist der Sound, aber bösartig sind die Texte. Über Christchurch, das Zentrum im Süden, verfassten sie folgende Verse: "Es ist die Stadt des Hasses / aber Christus, wir lieben dich. / Es ist ein Stück Südafrika / in unserem Hinterhof. /Die Gärten sind hübsch, der Rassismus blüht / Ich habe meine Frau erwürgt / Bitte bring mich zurück nach Christchurch".

Das Lied, vorgetragen in einer Fernsehshow, kam im Rest des Landes bestens an. Denn das überdurchschnittlich konservative Christchurch wird den Ruf nicht los, von ausländerfeindlichen Rednecks bevölkert zu sein, die allen Fremden die Birne einhauen.

Was natürlich völlig an den Haaren herbeigezogen ist. Die Rednecks hauen nämlich nur Vietnamesen, Taiwanesen, Chinesen und Koreanern die Birne ein. Ältere britische Besucher dagegen lieben Christchurch, weil es sie daran erinnert, wie schön England in den 50er-Jahren war.

Der Bürgermeister der abgewatschten Stadt kann dem Spott-Song nichts abgewinnen. Das seien doch nur "müde, alte Klischees", die die Lonesome Buckwhips runternudelten, so Bob Parker. "Depressiv" und "engstirnig" sei das Repertoire der Band. Und was sei solch ein "billiger Angriff" gegen die "Qualitätseinschätzung", die seine Stadt gerade vom "erfolgreichsten Reiseführer der Welt" erhalten habe?

Ja, da staunt der hippe Auckländer und wundert sich der coole Wellingtonier: Der "Lonely Planet", Reisebibel der Rucksacktouristen, hat dem verrufenen Christchurch gerade in seiner jüngsten Ausgabe Charme und Stil bescheinigt. "Christchurch ist ohne Zweifel eine der Städte Neuseelands, in denen es sich am meisten zu leben lohnt", so der Lobgesang. "Es vereinbart einen lockeren provinziellen Charme mit der Energie und dem Schwung einer Metropole." Da kann sich Bürgermeister Bob Parker, der ebenfalls viel lockeren provinziellen Charme verströmt, beruhigt schlafen legen. Was sind schon ein paar rechtsradikale Auswüchse gegen so viele gute Worte? Doch der "Lonely Planet" verschweigt nicht die hässlichen Seiten der für ihre Gartenkunst berühmten "Garden City": Als scheußlichste Sehenswürdigkeit Christchurchs rangiert die acht Meter im Radius messende Blumenuhr im kleinen Victoria-Stadtpark ganz oben -1955 den Bürgern Christchurchs gestiftet. Andere Geschmacksverletzungen, die es in die Hitliste der schlimmsten Touristenattraktionen Neuseelands geschafft haben, befinden sich zum Glück alle außerhalb Christchurchs. Vom überdimensionalen künstlichen Obstsalat am Eingang des Südinsel-Örtchens Cromwell bis zur gigantischen Limonadenflasche, die das Dorf Paeroa hoch im Norden ziert - Schandflecken hat schließlich jeder.

Oder, um es mit Bob Parker zu sagen: "Die negativen Stereotype kommen nur von Leuten, die nicht hier leben."

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