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die wahrheitPositur der Liebe

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Der Haussegen hängt schief.

Nici wird immer mehr zur Witzfigur, aber die Première Dame muss öffentlich die Folgsame spielen. Bild: reuters

Mon cher journal intime …

Ich weine jetzt schon weniger und bin wieder in mein Haus eingezogen. Nici bekommt das gar nicht mit. Unsere Ehe läuft gerade so dermaßen aneinander vorbei - er wird es vor lauter Terminen diese Woche nicht mal merken, dass ich nicht mehr im Palast hocke. Abgesehen davon, dass er eh nichts merkt, tut mir der Abstand gut. Vor allem natürlich wegen des schlimmen Verdachts, Datis Braten (das uneheliche Kind der Justizministerin Rachida Dati, Anm. d. Red.) könnte vom Grillmeister persönlich sein.

Gut ist, dass ich mich bislang der Öffentlichkeit gegenüber immer so unglaublich autark gegeben habe und so getan habe, als lebte ich hier und wäre nur am Wochenende im Palast, weil ich so eine moderne First Lady bin. Die Jacky O. des Postfeminismus - eigenständig, unkonventionell, unangepasst. Die Pressedeppen lassen sich auch alles erzählen! Nur einmal wäre es fast aufgeflogen. Einer Journalistin war aufgefallen, dass das Spielzeug, das wir ostentativ in den Weg legen, seit ihrem Termin vor einem Jahr noch immer an derselben Stelle lag. Ich habe mich dann damit rausgeredet, dass das Kinder-Feng-Shui sei und dazu diene, dass Aurélien (Carla Brunis Sohn, Anm. d. Red.) sich im Internat nicht so einsam fühle. Die blöde Kuh hat das natürlich geglaubt. Kam auch von einer Frauenzeitschrift.

Nici hat noch immer eine geschwollene Lippe von Cecilias Fausthieb (Sarkozys Exehefrau, Anm. d. Red.). Die Berater haben vorgeschlagen, das Nici-Double zum Krisengipfel zu schicken. Er solle seine Ansprache in Playback halten. Also nur die Lippen bewegen, während Nici vom Band tönt. Manchmal frage ich mich, haben die Scheiße im Kopf?

Nicht nur, dass das etwas viel verlangt ist von einem Mitglied des deutschen Proletariats, das kein Französisch spricht. Noch dazu ist Nicis dicklippiges Genuschel so schwer verständlich, dass es selbst einem französischen Busfahrer schwerfallen dürfte, so zu tun, als ob. Der polierte Doofmann klingt eher wie ein zugedröhnter Clochard und nicht wie ein Staatsoberhaupt.

Einen Nachteil hat mein Auszug aus dem Palast aber doch - Joseph. Kein Joseph, kein Blumenbouquet auf dem Fenstersims meines Boudoirs, kein Aufsitzmäher, der vor meinem Fenster cruist … und vor allem kein Schimmer der Hoffnung im satten Grün meines kleinen Gartens! Dabei ist es gerade mal eine Woche her, dass wir uns nahe waren … Es vergeht kaum eine Stunde, in der ich mich nicht dieses wunderbaren Momentes erinnere, ihm nachspüre, in dem unsere Lippen sich berührten. Und noch großartiger, noch poetischer, in denen er diese Worte eines ungeschönten, nackten Realismus aussprach, die die unglaubliche Tiefe eines unermesslichen Versprechens in sich bargen: "So wäre es."

Ja, Liebster, so wäre es. Und ich denke jede Stunde daran, wie es wäre. Wie unsere Leiber sich bebend aufeinander pressten, wie unsere Münder sich in wilder Gier vereinigten, die Zungen sich ineinander verschlängen, während wir uns die Kleider vom Körper rissen, um es wild, zügellos und vor allem laut miteinander zu tun. Ich würde wollen, dass du mir die Hände festhältst und mir ganz tief in die Augen schaust und … - ich weiß nicht, wieso, aber an genau dieser Stelle hört jedes Mal der Gedanke auf, und ich muss an Nici denken, diese alte Spaßbremse.

Freitag, 24. 10. 2008

Der Wachsheini war da. Ich soll doch bei Madame Tussauds stehen. Neben Nici. Jedenfalls solange wir noch Mann und Frau sind, danach kann ich mir eine eigene Ecke aussuchen. Deshalb musste ich mich wieder in so ein kratzigen, grauen Klosterkittel von Dior quetschen. Viel lieber hätte ich ein Babydoll angehabt oder was anderes, das sexy ist, aber irgendein verdammter PR-Vertrag mit Dior sieht vor, dass ich in "Staatspositur" immer deren Alte-Schachtel-Kostüme trage.

Samstag, 25. 10. 2008

Nici hat nur Ärger an der Backe. Der totale Loser. Erst werden seine Cecilia-Betrügereien veröffentlicht, dann hat er sein Konto nicht im Griff und Unbekannte heben fröhlich Geld ab, gleichzeitig muss er den Exgeheimdienstchef mittels einer Klage wegen übler Nachrede im Zaum halten, weil der behauptet, Nici hätte Schmiergeld erhalten. Und nun kommen auch noch die Öko-Spießer und werfen ihm einen CO2-Ausstoß von 1.000 Normalbürgern vor. Und als wäre das nicht genug, gibt es jetzt auch noch eine Voodoo-Puppe von ihm zum Reinpieksen, weil er so ein Polit-Trottel ist. Es ist alles so beschämend! Das ist nicht das, was ich wollte! Eine 161 Zentimeter große Witzfigur an meiner Seite! Wie stehe ich nun bloß vor meinen Freunden da?

Aber von welchen Freunden rede ich hier eigentlich? Wer ist mir denn noch geblieben? Der ewig zugekiffte Benny Biolay, der mich liebt, auch wenn er taub und blind ist - der mich liebt, weil er taub und blind ist, dieser Dauerdröhni? Und Dings, Dings, Dings, Dings, Dings … ich werde es einfach mit der Technik des automatischen Schreibens versuchen und das letzte Wort so oft wiederholen, bis meine Gedanken wieder fließen, bis mir die Namen wieder einfallen, bis mir irgendein Mensch einfällt, der mir noch ein Freund ist. Aber mir will keiner einfallen, einfallen, einfallen, einfallen … Ach, Scheiße!

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