die wahrheit: Kundus singt und tanzt
Wahres Kriegstheater herrscht vor der Premiere des neuen Afghanistan-Musicals. Die neuartige Produktion soll das doch so weit entfernte Land in die Mitte der Gesellschaft holen.
Der Bundesverteidigungsminister hat schon mal einen Blick hinter die Kulissen werfen dürfen. Und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist sich sicher: "Dieses Projekt wird endlich das erreichen, was uns in der Politik manchmal so schwerfällt: Den Menschen verständlich zu machen, dass es sich lohnt, für dieses Land zu kämpfen." Dieses Land - das ist Afghanistan. Ein Land, "das von unserer Lebenswelt in Deutschland so unendlich weit entfernt klingt", sagt Guttenberg.
Eine neuartige Produktion soll es nun in die Mitte der Gesellschaft holen, direkt in die Hansestadt Hamburg. Dort, wo schon "Der König der Löwen" Erfolge feierte, soll jetzt "Kundus - das Musical" alle Besucherrekorde brechen. In einem "trockenen Metier" wie einem Untersuchungsausschuss im Bundestag ließe sich "die Schönheit dieses bislang nur unzureichend erkundeten Landes" eben doch nicht angemessen darstellen, so der Verteidigungsminister.
Das Musical erzählt die Geschichte vom kleinen Tarek, der in den Bergen Afghanistans unter Verhältnissen aufwächst, "die wir uns gar nicht vorstellen können", sagt Guttenberg, "ohne Deutschkenntnisse, ja sogar ohne fließendes Wasser." Nachts, wenn die Taliban "in den Schlaf der Ungerechten" (Pressetext) fallen, läuft Tarek viele Kilometer zur nächstgelegenen Quelle, um seine arme Familie mit Trinkwasser zu versorgen.
Dabei lauert ihm jedoch der skrupellose Ussama auf und lockt ihn in einen Hinterhalt: Gemeinsam mit seinen achtzehn Brüdern überfällt Ussama den kleinen Tarek, entreißt ihm die zwei schweren Blecheimer, und das kostbare Nass versickert in der ausgetrockneten Erde. "Ein fantastisches Sinnbild!", lobt Guttenberg.
Doch dann gelangen Bundeswehrsoldaten in Tareks entlegenes Dorf und errichten eine Wasserleitung und einen Brunnen. "Endlich muss der Junge keinen Durst mehr leiden und ist auch tagsüber nicht mehr zu müde, um in die Schule zu gehen", freut sich der Minister. Tarek lernt "die Sprache der Demokratie" und befreundet sich mit dem jungen deutschen Isaf-Soldaten Jack (Name geändert, Anm. d. Red.).
Eines Abends sind die beiden ins Monopoly-Spielen vertieft, als eine Explosion in der Nähe des Dorfs das Spielbrett erschüttert. Tarek will sich schon ärgern, weil er gerade ein Hotel auf der Schlossallee bauen konnte. Da hört er, dass Ussama und seine achtzehn Brüder zwei Tanklaster hatten klauen wollen, um Tareks Dorf in Brand zu setzen. Aber dass Jacks Kollegen sie mit einem "angemessenen" Angriff daran hindern konnten. Es folgt eine "bewegende" Schlussszene, in der Tarek und Jack Hand in Hand in die aufgehende Sonne tanzen.
Das Bundesverteidigungsministerium habe keine Kosten und Mühen gescheut, um dieses "Feuerwerk der Emotionen" als Hauptsponsor bestmöglich auszustatten. Keine Geringeren als die Superstars Phil Collins und Elton John - mit der populären Aufbereitung fremdländischer Themen seit den Musicals "Tarzan" und "Der König der Löwen" bestens vertraut - zeichnen für das Konzept verantwortlich.
Mit Neuauflagen aus ihrem umfangreichen Repertoire garantieren sie auch für "mitreißende und gefühlvolle Musik". So werde die Schlüsselszene mit Collins Klassiker "(I can feel it coming) In the Air tonight" untermalt. Für das Finale habe Elton John seinen Musical-Erfolg "Can you feel the love tonight" mit stimmungsvollen Klängen traditioneller afghanischer Instrumente bearbeitet. Die Fans können sich außerdem auf weitere Song-Highlights wie "Dont shoot me Im only the pianoplayer" und "Cactus in the wind" freuen.
Um vor der Premiere, die für September diesen Jahres geplant ist, die größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen, sollen in einer TV-Castingshow die Darsteller der beiden Hauptrollen gesucht werden. Die zehnteilige Serie "Ich Tarek, du Jack" werde ab Mai auf Sat.1 ausgestrahlt. Die hochkarätig besetzte Jury - neben Phil Collins und Elton John seien die Afghanistankenner Oberst Georg Klein und Peter Scholl-Latour vorgesehen - sei aber nicht "das entscheidende Gremium" (Guttenberg).
Vielmehr solle das Publikum selbst bestimmen, welcher Bewerber "die Ehre" verdiene, "dem deutschen Volk einen so wertvollen Dienst zu erweisen", erklärt der Verteidigungsminister. Er selbst denke noch darüber nach, auf der Hamburger Bühne die Rolle des Erzählers zu übernehmen - ein Charakter, der für die "korrekte Einordnung" der Ereignisse "unerlässlich" sei: "Bei dem Thema braucht es jemanden, der das Ganze in umgangssprachlichen Worten erklären kann."
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