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die wahrheitDas ist Herr Twiss, auf den ich piss

"Natur pur", so verspricht die irische Tourismuswerbung. Allzu viel Natur ist aber nicht erwünscht ...

... Ausländische Besucher lassen sich gern von sogenannten jaunting cars durch den Nationalpark Killarney im Südwesten Irlands kutschieren. Das sind einspännige, zweirädrige Karren, die in Irland schon seit Jahrhunderten benutzt werden. Der englische Aristokrat Richard Twiss schrieb in seinem Buch "Reise durch Irrland im Jahr 1775": "Der Pöbel bedient sich dieses Fuhrwerks sehr häufig zum Vergnügen. Es wird in solchem Fall ein Bette oder eine Matte auf den Karren gelegt, auf den sich ein halb Dutzend Leute setzen, und mit den Beinen nur einige Zoll von der Erde hängen."

Sein Reisebericht wurde zum Standardwerk über die Iren, was diese erboste, da er wenig schmeichelhaft war. Über Dublin schrieb Twiss zum Beispiel: "Um die Stadt herum sieht man fast nichts als Hütten, mehrentheils ohne Schornstein, ohne Fenster; und in diesen elenden Wohnungen bringt der größte Theil der Einwohner von Irrland sein unglückliches Leben zu." Die Iren rächten sich dafür. Sie stellten Nachttöpfe her mit dem Spruch "Come, let us piss on Mr. Twiss". Auf dem Boden der Töpfe war ein Bild von Twiss mit offenem Mund angebracht.

Irland ist inzwischen eine moderne Insel, aber die Kutschen gibt es immer noch - nicht mehr für den Pöbel, sondern für Touristen. Mehr als eine Million besuchen den Nationalpark im Jahr. Viele von ihnen sollen sich über den Pferdemist beschwert haben. Deshalb hatte Killarney nie den Preis für die ordentlichste Stadt Irlands gewonnen, vermuteten die Stadtoberen und verdonnerten die Kutscher, ihren Gäulen Windeln anzulegen, wenn sie in den Nationalpark fahren.

Die Kutscher weigerten sich: Die Windeln würden die Pferde aus dem Gleichgewicht bringen, und die Kutschen würden umfallen. Außerdem könne ein gewindeltes Pferd keine Fliegen mit dem Schweif verjagen. Die 66 Fuhrunternehmen, die meisten seit Generationen im Familienbesitz, argumentierten, dass ihre Vorfahren schon seit mehr als 100 Jahren, als der Irland-Tourismus noch in den Windeln steckte, durch den Park kutschiert sind - also lange bevor der Park 1930 Staatseigentum wurde. Man könnte doch Pferdekarren losschicken, um den Mist einzusammeln, schlugen sie vor.

Die Behörde lehnte ab und verbannte die Kutscher aus dem Park, falls sie sich dem Windelgebot nicht beugten. Sie erteilte Baugenehmigungen für Dungdepots, wo die Windeln geleert werden können, und bot den Kutschern an, die Windeln kostenlos zur Verfügung zu stellen, was rund 30.000 Euro im Jahr kosten würde. Einen Teil des Geldes will man durch den Verkauf des Pferdemists an Rosenzüchter wieder hereinholen.

Die Kutscher zogen vor Gericht, unterlagen aber neulich. Und schon klappte es mit dem Preis: Killarney wurde vorige Woche zur ordentlichsten Stadt der Insel ernannt. Nun sollte man aber konsequent sein und den Jugendlichen, die sich an den Wochenenden besaufen und die Straßen vollkotzen, einen Maulkorb verordnen.

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2 Kommentare

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  • M
    Mike

    Das Problem scheint zumindest in Dublin eher der Geruch des Mistes. Pferdemist hat, wie Zigarren, einen bestimmten, leicht wiedererkennbaren Geruch, der so schlimm eigentlich nicht ist, meistens überall gleich riecht, wie in Wien vielleicht auch und anderen Städten. In Dublin stinkt der Mist, und das hat vielleicht mit nicht artgerechtem Futter zu tun und auch mit Vernachlässigung der Tiere, die in Dublin auch mitten in der Stadt zwischen den Häusern gehalten werden dürfen, von den Behörden in vielen Fällen geduldet. Gegrast wird dann gelegentlich auf kleinen Verkehrsinseln.

  • J
    jhw

    Eine irische Loesung fuer ein irisches Problem.