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die wahrheitSchwänze im Abseits

Das harte Brot der Penisverlängerungsbranche: Viele Leute reagieren geradezu allergisch auf Spam-Mails und diffamieren die darin unterbreiteten Angebote pauschal als "merkwürdig".

Wenn Männer über ihren Schniedel, seine aktuelle Größe und gewisse Veränderungen nachdenken. Bild: reuters

Grund genug, für die wackeren Versender hier mal eine Lanze zu brechen.

Erstens wird niemand dazu gezwungen, die Mails zu lesen. Zweitens wüssten wir gern, was an einer einfachen Dienstleistungsofferte wie Schwanzverlängerung "merkwürdig" sein soll. Und drittens geht ohnehin keiner darauf ein. Wir aber haben Respekt vor der Ausdauer und dem Fleiß dieser Menschen. Wie zermürbend muss es sein, diese Mail eine Milliarde Mal zu verschicken, sich stets aufs Neue Hoffnung zu machen und ständig auf Abruf bereitzustehen, um gewissenhaft, billig und gut Schwänze zu verlängern, bloß damit sich am Ende doch wieder keine Sau meldet. Uns tun die Leute einfach leid - sie machen schließlich auch nur ihren Job.

Am fiesesten aber sind diejenigen Spam-Hasser, die die offensichtliche Notlage der Absender ausnutzen, um sich auf deren Kosten üble Scherze zu leisten. So gehört es in der Penisverlängerungsbranche längst zum Alltag, von gefakten Antwortschreiben witzig sein wollender Frauen belästigt zu werden: "Liebe Firma Recaro-Riesenrohr, mit Interesse habe ich ihre Geschäftspost gelesen … blablabla …"

Die Angestellte im Büro der Schwanzverlängerungsfirma riecht den Braten nicht gleich. Sie liest nämlich zunächst nur die ersten Zeilen und freut sich schon: Seit Jahren überschwemmen sie die ganze Welt mit ihrem Superangebot und nun scheint sich der Aufwand endlich zu amortisieren. Ein Großschwanzauftrag. Noch ehe die Sekretärin die Antwortmail zu Ende gelesen hat, nimmt sie den Hörer auf, um nur ja keine Zeit zu verlieren, und ruft hinten in der Schwanzwerkstatt an, damit der Schwanzmeister schon mal den Kessel der Schwanzverlängerungsmaschine anheizt. Wenn man nach sieben Jahren Dauerspam endlich einen Kunden hat, sollte der nicht auch noch warten müssen. Erst dann liest sie weiter und kommt an das Ende des Briefes: "Harhar, ätschibätschi, liebe Grüße, eure Gisela."

Das ist überhaupt nicht witzig! Die Bürodame schluckt bittere Tränen der Enttäuschung herunter, bevor sie erneut zum Telefon greifen und den Arbeitern mitteilen muss, dass es mal wieder nichts wird. Ja, falscher Alarm. Dass es ihr wahnsinnig leidtue, aber dass da einmal mehr eine dumme und böse Frau versucht hat, wahnsinnig witzig zu sein. Der Meister fährt den Kessel wieder runter. Selbstverständlich kostet das alles Geld: zum einen Brennmaterial, und die glühenden Rohschwanzformen kann man ebenfalls wegschmeißen, sobald sie erst erkaltet sind. Die Kinder der Schwanzverlängerungsfacharbeiter werden auch heute wieder hungrig und ungebildet zu Bett gehen. Die Väter fallen der Trunksucht anheim, die Mütter verschachern ihre ausgemergelten Körper für Kupfermünzgeld an der Ausfallstraße. Aber Gisela findet das lustig.

Oft ist die Schwanzverlängerungsfabrik auch ein sympathischer kleiner Familienbetrieb, wo jeder kräftig mit anpackt beim Schwanzverlängern. Alle arbeiten sich schier zu Tode. Der Vater verlängert Schwänze im Akkord. Die Mutter sitzt im Büro und verschickt Tag und Nacht Spam um Spam per Hand über ein antikes 18er-Modem. Dennoch versucht man, die Entwicklung nicht zu verpassen. So wird unter großen Entbehrungen die Tochter an die Uni geschickt, wo sie für die Zukunft der Firma mit Schwänzen verschiedenster Form und Größe experimentiert. Im Lager sortieren die Söhne nach DIN-Norm geformte Stangen und Rohrstücke in die Regale. Die Enkel verteilen Schwanzverlängerungsaktionszettel bei sich im Kindergarten.

Die Recherche zu diesem Artikel war nicht einfach, denn mit uns persönlich hat leider niemand gesprochen. Jeder potenzielle Gesprächspartner scheint sich mittlerweile hinter einer Scheinadresse zu verstecken. In der Penisverlängerungsbranche ist man offenbar sehr misstrauisch geworden. Das ist nach den geschilderten Erfahrungen nur zu verständlich.

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8 Kommentare

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  • D
    deviant

    Nana, Herr Hannemann,

    mit dem Vornamen Uli, sozusagen dem Vorgänger des Kevins in Deutschland, muss man doch annehmen, dass Sie dem deutschen Prekariat angehören und werden deshalb vorsorglich ausgesiebt, denn was glauben Sie denn, was der Sarrazin mit all dem Geld gemacht hat, dass er für Buch und Bankern verdient hat...?

  • MB
    Markus Braun

    Ich wusste bislang ja gar nicht das die Taz sich mit so wichtigen Themen befasst. Ich werde von nun an alle Spams öffnen, um Arbeitsplätze zu sichern.

    Eine Schwanzverlängerung brauch ich nicht, denn Schiesser prodziert leider nicht in dieser Übergröße.

    Aber sicher schaffe ich es, einigen armen Vieren auf meiner Festplatte ein neues zu Hause zu geben.

  • P
    puntokom

    Es sieht so aus, der Ulli hat einiges verwechselt. Pimmelverlängerung hat ja mit einer Dildofabrik nicht zu tun, oder?

  • A
    ali

    sehr lustig :-)

  • FC
    Frederic Chaudair

    Ich finde es klasse, dass sich die taz dieses wichtigen Themas angenommen hat.

     

    In höchstem Maße unfair finde ich hingegen den Schäfer-Gimpel im Hintergrund. Hätte da nicht der Genosse Diekmann hingehört?

  • M
    Matze

    Wo kann man sich denn jetzt seriös und gut den Schwanz verlängern lassen ?

  • D
    dawnhammer

    endlich nimmt man sich dieser armen

    branche an!!

    es zerreist mir das herz!!

  • F
    frankfurt

    lustiger artikel