piwik no script img

die stimme der kritikBetr.: Merkel, Rolling Stones

ES IST ZEIT, GOODBYE ZU SAGEN, ANGIE

Es war vor langer, langer Zeit. Deshalb ist man vermutlich so bewegt, wenn es jetzt wieder im Radio rauf- und runterläuft. „American Pie“ (jetzt von Madonna). „Hurricane“ (immer noch von Dylan). Eigentlich sollten noch viel mehr laufen, z. B. unbedingt „Silly Love Songs“ (Paul McCartney). Bei aller angemessenen Euphorie gibt es aber einen guten alten Titel, von dessen Gebrauch Radio, andere Medien und Öffentlichkeit von nun an bis auf weiteres tunlichst absehen sollten: „ANGIE“.

Es gibt dutzende Songs, die alle „Angie“ heissen. Von „Angie Baby“ und „Angie Girl“ gar nicht zu reden. Die Rede ist aber natürlich von „Angie“ (4.33), Track 5 aus einem doch eher mäßig beleumundeten Album namens „Goats Head Soup“. Ja, ja, ja, wer hat es nicht all die Jahre in versonnenen Momenten vor sich hingesummt? Mit den Gedanken bei jenem Stehblues damals mit der Tochter des Rektors von der Erdinger Schule (Angela bzw. Johanna bzw. Heinz) usw.usf.

Doch nun ist ein öffentlicher Kontext entstanden, der den Titel jenseits von Marianne F., Angela u. a. auf einen Menschen festlegt. Der nun wirklich alles andere als eine „Angie“ ist – die Pfarrerstochter Angela Dorothea Merkel.

Und das tut weh. Es ist insbesondere davon abzuraten, Filmbeiträge über Merkel damit zu unterlegen. Oder Zitate aus dem Jagger/Richards-Zusammenhang zu reißen, um auf die jämmerliche ökonomische, moralische usw. usf. Lage einer ehemaligen deutschen Volkspartei anzuspielen. Da ist inzwischen sogar Harald Schmidt/Focus („With ... no money in our coats“) bzw. die Seite 3 der FAZ („Angie – when will those clouds all disappear?“) draufgekommen.

Wenn aber die Gegenkultur a. D. sogar in das FAZ-Allerheiligste eingegangen ist, muss man vom Schlimmsten ausgehen: dass die Merkel schon bei ihrem ersten eigenen Parteitag zu den Klängen von „Angie“ einmarschiert. Also: Ain’t it time we said goodbye, Mick? Na ja: War eigentlich eh ein Scheißtitel. Hiermit steigen wir bis auf weiteres um auf Peter Maffay. „Angela“ (Für dich geh ich durchs Feuer). PETER UNFRIED

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen