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die stimme der kritikBetr.: Karriereförderung für Frauen

Wer nach oben will, muss ziemlich tief sprechen

Wohin man hört: Stimmen. Männerstimmen, laut und dunkel. Frauenstimmen, hell und leise. Es ist ja nicht so, dass es keine verbindliche Erklärung für den kleinen Unterschied gäbe: Männer haben einen größeren Kehlkopf und längere Stimmlippen. Ach, Mensch, Frauen haben einen kleineren Kehlkopf und kürzere Stimmlippen. Aber sind Männer deswegen so erfolgreich, weil sie anders sprechen?

Vor ein paar Tagen lasen wir in der Psychologie heute, die Stimme sei ein „wichtiges Element zur Erzeugung der Geschlechterdifferenz“. So ist das. Die Erde ist rund, und es gibt überhaupt keine Kurvenangaben, wie die Frau nach oben kommen kann. Sie können ein blondes Superweib sein mit Löwenmähne oder klein und zart mit Bubikopf. Hauptsache: Die Stimme stimmt. Stock-Options, Liebhaber, alles was eine Frau begehrt, weswegen sie sich noch so anstrengt, irgendwie ist alles im Leben eine Stimm-Sache. Die Sprechwissenschaftlerin Edith Slembek hat Untersuchungen an amerikanischen Managerinnen angestellt. Ergebnis: Wer tief spricht, kommt weit nach oben. Ja, ist Ihnen eigentlich nie aufgefallen, mit welchem abgesacktem Alt Dagmar Berghoff „Guten Abend, meine Damen und Herren“ sagte, egal welche Erdbeben, Schießereien und Tarifauseinandersetzungen hinterher kamen?

Das nur nebenbei. Aus Großbritannien hören wir, dass Margret Hodge, Erziehungssekretärin, die „Reise nach Jerusalem“ verbieten will. Wir erinnern uns: Wenn Musik oder der Gesang innehalten, muss sich jeder auf einen Stuhl setzen; jedoch gibt es immer einen Sitzplatz zu wenig. Das macht aggressiv. Da gewinnen nur die Stärksten. Wir erkennen hier sehr schön den Zusammenhang zwischen frühkindlichen Spielen und der späteren (männlichen!) Stimme als Zeichen von Autorität, Kompetenz und Dominanz und wissen nun ministeriell verbürgt: Kindergärten sind der kulturelle Hort, in dem soziale Stimmmuster gefertigt werden.

Das britische Spielverbot – ein Meilenstein der Emanzipation. Frauen müssen nicht mehr länger stark trinken, rauchen und beim Reden viel Luft nach unten pressen, um ihre Stimme sechs bis sieben karrierefördernde Halbtöne abzusenken. Alles, was Frauen und Männer anatomisch trennt, hat nichts zu sagen.

ANNETTE ROGALLA

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