die mauer: Das Lehrstück des Herrn Porsch
Hat der Bau der Mauer vor 40 Jahren den Weltfrieden gesichert, wie der PDS-Vizechef Peter Porsch behauptet? Lassen wir die Frage beiseite, ob der Spruch des Sachsen ihn den Landesvorsitz gekostet hat (was er bestreitet). Wichtiger ist: Stimmt seine These? Und: Wozu stellt er sie überhaupt auf?
Kommentarvon PHILIPP GESSLER
Zur ersten Frage: Es ist nicht völlig abwegig, zumindest für die Zeit kurz nach dem Mauerbau von einer vorübergehenden Beruhigung der sehr instabilen Situation in der Welt des Kalten Krieges zu reden: Wenn Ulbricht nicht die Mauer gebaut hätte, wäre die DDR ob der anhaltenden Flucht ihrer aktivisten, klügsten Köpfe in den Westen viel schneller zusammengebrochen. Das aber hätten die SED-Funktionäre damals nicht so friedlich hingenommen, wie es später während des völlig unblutigen Wendeherbsts 1989 der Fall war. Vor zwölf Jahren war selbst den meisten DDR-Politikern klar, dass es nun zu Ende geht. Das ist der richtige Aspekt an Porschs These.
Gleichwohl ist es völlig überzogen, mit Hilfe dieser These die innerdeutsche Grenze zu einem Friedensinstrument zu glorifizieren. Sie brachte fast 1.000 Menschen den Tod – und dass der sächsische Provinzpolitiker diese Tatsache verschweigt oder nur am Rande erwähnt, ist der eigentliche Skandal an seinem Spruch.
Womit zugleich die zweite Frage geklärt wäre: Warum reitet Porsch auf seiner These herum? Weil er mit seiner Interpretation der Mauer Wahlkampf machen will – was er übrigens auch der CDU vorwirft: Porsch fischt für die PDS, die mit solchen Thesen ihre alten SED-Kader und treuesten Wähler bedient. Dabei hätten die viel mehr eine Geschichtsstunde über die Mauer nötig – ein Umdenken, das ihnen Porsch mit seiner These aus so eindeutigen Motiven verbaut. Eher dafür als für den Mauerbau sollte er sich entschuldigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen