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die gesellschaftskritikNie wieder Nike!

„Nike zwingt mich dazu, mich zwischen meinen Lieblingsschuhen und meinem Land zu entscheiden!“, verkündet ein aufgebrachter Twitter-User. Er entscheidet sich – natürlich – für sein Land und verbrennt in der Folge seine Nikeschuhe. Gestern noch zum Vorkämpfer im Kampf gegen Rassismus stilisiert, hat der Sportmodekonzern heute in den sozialen Medien den Volkszorn auf sich gezogen.

Schuld daran, dass arme ­Patrioten ihre Lieblingsschuhe öffentlichkeitswirksam entsorgen müssen, ist Colin Kaepernick. Dessen Gesicht prangt auf den Plakaten der neuen Nike-Kampagne und sorgt für Ärger unter flaggenbegeisterten Amerikanern. Denn der Ex-Footballprofi war der Erste, der sich bei Spielen während der Nationalhymne hinkniete, um gegen Polizei­brutalität gegen Schwarze zu protestieren.

Was 2017 landesweit eine Debatte über Rassismus auslöste, lehnen viele Footballfans ab. Bei der Nationalhymne zu knien sei respektlos, Spieler sollten vor der amerikanischen Flagge gefälligst strammstehen! Ganz vorne mit dabei bei der Hetze gegen kniende Spieler war und ist wie immer noch Donald Trump. Der hat sich auch direkt zur neuen Nike-Kampagne geäußert. Eine „furchtbare Botschaft“ sende diese ganze Werbe­aktion aus. Und er schickt gleich noch eine unterschwellige Drohung nach Miet­erhöhung hinterher, denn Nike sei Mieter in einem seiner Türme, „und sie zahlen viel Miete“.

Mit seinem Groll auf den angeblich unpatriotischen Konzern trifft er einen Nerv bei vielen seiner Fans, die nun unter #BoycottNike ihre Schuhe im Kamin verfeuern und erklären, dass sie nie wieder bei Nike einkaufen werden. Wie sinnvoll das Verbrennen von Schuhen ist, die man schon bezahlt hat, ist fraglich. Trotzdem spürt Nike die wirtschaftlichen Auswirkungen der #BoycottNike-Aktion schon: In wenigen Stunden ist die Aktie um 3,2 Prozent gefallen und damit ungefähr auf dem Stand wie vor einem Monat. Das allerdings bei einer Aktie, die allein im letzten Jahr um 50 Prozent zugelegt hat.

Vielleicht sollte in Zukunft jeder, der etwas gegen Großkonzerne erreichen möchte, den Markenfans erklären, dass ihr Nationalstolz durch die Lieblingsfirma verletzt worden sei. Dann machen möglicherweise auch genug Leute mit.

Wie lang der Boykott wirklich andauert, ist allerdings sowieso noch nicht klar. Denn wer jetzt drei Paar Schuhe verbrennt, braucht demnächst, nach der Aufregung, drei Paar neue. Und die könnte man sich doch besorgen bei … Nike? Sophie Spelsberg

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