piwik no script img

die dritte meinungDie Urheberrechtsdebatte war ein letzter Warnschuss für die SPD, sagt Yannick Haan

Yannick Haan

ist Publizist und Politiker (SPD). Er ist Autor von „Gesellschaft im digitalen Wandel – ein Handbuch“ und Mitglied in der Netz- und Medienpolitischen Kommission beim SPD-Partei­vorstand.

Das Europaparlament hat am Dienstag eine neue Urheberrechtsreform beschlossen. 200.000 zumeist junge Menschen auf den Straßen und fünf Millionen PetentInnen hatten am Ende leider keinen Einfluss.

Die SPD wiederum war erst lautstark für die Reform, dann irgendwie unentschieden und am Ende klar dagegen. Erst als der Protest immer größer wurde, hat sie angefangen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Den Kontakt zur Generation der Digital Natives scheint die immer älter werdende Partei verloren zu haben.

Die Debatte über die Urheberrechtsreform muss deshalb zur Zäsur für die SPD werden. Es darf ihr nicht noch einmal passieren, bei einer zentralen digitalpolitischen Fragestellung ohne Meinung dazustehen. Die Idee der Sozialdemokratie war es immer, die Gesellschaft zu gestalten. Diesen Gestaltungsanspruch haben wir im Digitalen scheinbar in Gänze aufgegeben. Dabei schreit die digitale Gesellschaft geradezu nach sozialdemokratischen Antworten.

Unternehmen wie Facebook oder Google vereinen durch ihren Datenschatz ein unfassbares Wissen über uns, kombiniert mit nie dagewesenem Reichtum und der Kontrolle über den öffentlichen Diskurs. Von einer sozialen Marktwirtschaft hat sich die digitale Wirtschaft längst meilenweit entfernt. Und trotz alledem kann sich die SPD nicht zu einer Digitalsteuer durchringen. Das Wort Zerschlagung der Konzerne wird noch nicht einmal in den Mund genommen.

Die zurückliegenden Wahlen haben gezeigt, welch fatale Folgen Facebook für unsere demokratische Auseinandersetzung hat. Warum versuchen wir dann nicht mal, ein öffentlich-rechtliches soziales Netzwerk zu gründen? Warum fördern wir nicht viel stärker genossenschaftliche Modelle im Internet?

Die Urheberrechtsdebatte war ein letzter Warnschuss. Entweder die SPD befasst sich schnell, klar und entschlossen mit digitalpolitischen Themen – oder sie verliert die Generation YouTube für immer.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen