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die dritte meinungDeutschland als größter Profiteur ist zum Bremsklotz der Eurozone geworden, sagt Sven Giegold

Sven Giegold

ist Mitglied der Grünen-Fraktion im Europa­parlament und Sprecher der Europagruppe der Grünen.

Ausgerechnet wenn der französische Präsident Emmanuel Macron heute im Plenum des Europaparlaments in Straßburg sprechen wird, tagt auch die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Laut Beschlussentwurf will die Unions-­Fraktion bei ihrer Europa-Klausur den Vorschlag eines Europäischen Währungsfonds faktisch begraben. Sie fordert eine Änderung des EU-Vertrags, um den Fonds einzurichten. Eine Vertragsänderung ist jedoch derzeit völlig unrealistisch. Die Unionsforderung ist daher eine Beerdigung zweiter Klasse.

Auch ein EU-Finanzminister, transnationale Wahllisten und ein Eurozonen-Haushalt scheitern an Deutschland. Während die Unionsfraktion den Europäischen Währungsfonds bremst, tritt auch SPD-Finanzminister Scholz in Brüssel auf die Bremse bei den Eurozonen-Reformen. Dass der CDU/CSU-Beschluss just dann erfolgen soll, wenn der französische Präsident im Europaparlament in einer mit Spannung erwarteten Rede seine Vorschläge verteidigen will, ist ein besonderer Affront gegen Frankreich.

Es ist grotesk, dass Deutschland als großer Profiteur der Eurozone deren Stabilisierung nun blockiert. Deutschland wird zum Bremsklotz der Eurozone. Der Europäische Währungsfonds darf nach dem EU-Finanzminister, der europäischen Einlagensicherung und dem Eurozonen-Haushalt nicht das nächste wichtige Reformprojekt sein, das die Bundesregierung verschleppt. Ohne Reformen lässt die Bundesregierung Europa bei der nächsten Krise ins offene Messer laufen.

Es scheint als hätten CDU und CSU aus der letzten Eurokrise nur gelernt, dass die Rechtspopulisten damit Stimmung machen können. Die Union muss aufhören, ihren eigenen Koalitionsvertrag zu torpedieren. Nur mit mehr Stabilität, Investitionen und Demokratie ist Europa für die nächste Krise gewappnet.

Merkel muss jetzt ein Machtwort sprechen, auch um ein Signal an ­Macron zu senden. Europa braucht konkrete Reformen, die zur Europawahl im nächsten Jahr auf den Weg gebracht werden müssen.

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