piwik no script img

die dritte generationAile öyküleri

Familiengeschichten

Meine Eltern sind noch nicht 40 Jahre in Berlin. Meine Mutter ist 1972 mit ihrem Vater und ihrer Stiefmutter nach Berlin gekommen. Sie war damals 5 Jahre alt. Seitdem sind fast 30 Jahre vergangen. Sie kam nach Deutschland, weil mein Opa nach der Scheidung von meiner Oma sich ein neues Leben aufbauen wollte. Sein gut gehendes Friseurgeschäft hatte er aufgegeben und musste sich in Deutschland eine neue Arbeit suchen. Er hat kurz in einer Fabrik gearbeitet und danach eine Stelle als Friseur gefunden. Später hat er seinen eigenen Friseurladen eröffnet. 1990 ist er für immer in die Türkei zurückgekehrt. Meine Mutter ist in Berlin zur Schule gegangen, hat hier meinen Vater kennen gelernt, hat ihn geheiratet und mich bekommen. Mein Vater ist 1979 mit 18 zum Studieren nach Berlin gekommen. Ich lebe seit dem 1. Juli 1989 in Berlin und gehe in die 6. Klasse. Ich könnte mir mein Leben in der Türkei nicht vorstellen, weil ich hier geboren und aufgewachsen bin. Manchmal würde ich auch gerne in der Türkei leben wollen, weil meine ganzenVerwandten dort sind. Aber wo ich noch in Zukunft leben werde, weiß nur Allah!!! MERVE SINAMCI

Bis 1968 lebte der Vater von meinem Großvater in der Türkei. Sie lebten in einem Dorf in der Nähe von Erzincan und hatten einige Kühe. Als mein Vater 1968 geboren wurde, ging mein Urgroßvater nach Deutschland, um dort zu arbeiten. Dafür musste er seine Kühe verkaufen. Später kam mein Großvater nach. Als mein Vater fünf Jahre alt war, beschlossen sie, die Familie nach Deutschland zu holen. So kamen sie 1973 alle nach Berlin. Heute wird Berlin scherzhaft Berlincan genannt, weil so viele aus Erzincan nach Berlin gezogen sind. Ich kenne Erzincan nur vom Urlaub. Mein Vater wurde in Berlin eingeschult, aber er war nicht so gut in der Schule, weil er vom Dorf kam und kein Deutsch sprach. Deshalb musste er später zur Hauptschule. Später wollte er Abitur machen. Er nennt es eine unheimliche Ochsentour. Er ging zur Universität und wurde Ingenieur. 1989 kam ich zur Welt, ich bin die so genannte dritte Generation. Heute ist mein Vater Abgeordneter. Er setzt sich auch für unsere Schule ein. Er möchte nicht, dass andere Kinder dieselbe Ochsentour durchmachen müssen. In unserer Schule lernen deutsche und türkische Kinder gemeinsam Türkisch und Deutsch. Ich finde unsere Schule toll. OZAN MUTLU

Merve Sinamci (12) und Ozan Mutlu (11) besuchen die Aziz-Nesin-Grundschule, die bundesweit einzige bilinguale Deutsch-Türkische Schule

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen