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die drei fragezeichen„Orgasmen könnten auch anders aussehen“

Foto: Polly Fannlaf

Laura Méritt ist Aktivistin für einen sexpositiven Feminismus. Sie ist Mitbegründerin der PorYes-Bewegung, die sich für feministischen Porno einsetzt und seit 2009 auch alle zwei Jahre mit einem Award auszeichnet.

Die Berliner SPD will eine Filmförderung für feministische Pornos, hat sie auf ihrem Landesparteitag beschlossen. Die Pornos sollen gebührenfrei zur Verfügung gestellt werden.

taz: Frau Méritt, staatlich geförderter Porno – ist das sinnvoll?

Laura Méritt: Das ist eine sehr schöne Idee und auch keine neue. In Schweden wurden 2009 „Dirty Diaries“ herausgebracht, eine Sammlung kurzer feministischer Pornos, die der Staat gefördert hat. Dabei ging es darum, Vielfalt zu zeigen. Also nicht nur von Sexualität, sondern auch von Menschen, Gender, Praktiken, Kulturen, Alter etc. Das ist sehr gut gelungen. Die SPD hat das aufgegriffen. Wir von PorYes als sexpositive Bewegung unterstützen die Idee natürlich. Denn über so eine Förderung können auch Diskriminierungen abgebaut und Normierungen aufgehoben werden.

Was ist überhaupt feministischer Porno?

Feministischer Porno bedeutet nicht Blümchensex oder dass eine besondere Handlung existieren muss oder nicht penetriert werden darf. Wir lehnen Normen ab, wir wollen Vielfalt sehen. Verschiedene Sexualpraktiken und Kameraeinstellungen, die nicht nur genitalfixiert sind. Das ist wichtig, weil der Mainstream-Porn sehr, sehr normierend ist. Letztendlich zeigt er auch heterosexuelle Interaktion in einer eingeschränkten Form. Es geht immer um Penetration in alle Löcher der Frau mit dem Höhepunkt des Mannes, den man daran erkennt, dass er in das Gesicht der Frau abspritzt. Das ist auch für Männer sehr einseitig, deren Orgasmen könnten auch anders aussehen. Mainstream-Porn ist eine extreme Leistungs-Show, bei der alles als pervers oder Fetisch kategorisiert wird, was nicht heterosexuell ist. Um davon wegzukommen und zu zeigen, dass es viele verschiedene Wirklichkeiten und nicht nur ein Sex-Skript gibt, ist progressiver Porno wichtig. Nicht nur für Jugendliche.

Die Pornos sind problematisch, trotzdem werden Abertausende davon produziert. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der feministische Porno den konventionellen ablöst?

Ich würde mal sagen, in knapp zehn Jahren haben wir es geschafft. Ich sehe das parallel zu der Sextoy-Industrie. Frauen werden da jetzt mit einbezogen, die Formen sind anders, weniger chemische Stoffe werden verwendet und so weiter. Da hat sich in den letzten 20 Jahren extrem viel getan. So wird es bei Pornos auch sein.

Interview: Maike Brülls

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