Trumps Kampf gegen die Justiz: Der autoritär-faschistische Staatsumbau
Ob Abschiebungen, Vorgehen gegen Universitäten oder Zollpolitik – Trump gerät immer wieder ins Visier der Justiz. Er will der Gewaltenteilung langfristig schaden.
W as auch immer Donald Trump politisch angeht – irgendwann landen seine Initiativen vor Gericht. In dieser Woche sind seine wilden Zölle gegen alles und jeden zum Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen geworden: Erst entschied am Mittwoch der Gerichtshof für Internationalen Handel in New York, Trump habe kein Recht, am Kongress vorbei solch weitreichende Zollentscheidungen zu treffen; das Notfallgesetz, das er zur Begründung in Stellung gebracht hatte, greife da nicht. Keine 24 Stunden später hob ein Berufungsgericht diese Entscheidung vorläufig auf.
Das könnte ein normaler Vorgang in einem demokratischen Rechtsstaat sein – wäre da nicht die Rhetorik, die das MAGA-Regierungslager bei jeder juristischen Niederlage ins Feld führt. Denn für Trump, seinen Berater und stellvertretenden Stabschef Stephen Miller und seine Pressesprecherin Karoline Leavitt sind die Übeltäter „nicht gewählte“ oder „aktivistische“ Richter, in jedem Fall aber lästige Wichtigtuer, die sich aus politischen Gründen anmaßen, dem großen Staatenlenker Donald Trump ans Bein pinkeln zu wollen. Oder wie es Pressesprecherin Leavitt ausdrückt: „Diese Richter drohen die Glaubwürdigkeit der Vereinigten Staaten auf der Weltbühne zu untergraben. […] Der Supreme Court muss dem ein Ende setzen.“
Ob Abschiebungen, Vorgehen gegen Universitäten, Massenentlassungen im öffentlichen Dienst, negierte Existenz von trans Personen oder eben Zollpolitik – Trump gerät nicht deshalb immer wieder ins Visier der Justiz, weil da irgendwie gemeine „Hinterzimmerakteure“ am Werk sind (Trump über die Richter im Zollstreit), sondern weil seine gesamte Agenda darauf angelegt ist, absolute Macht für sich selbst zu fordern und alle Regeln der Gewaltenteilung außer Kraft zu setzen.
Seit seinem Amtsantritt am 20. Januar steuert er auf das Ziel hin, den Obersten Gerichtshof dazu zu bringen, ihm diese Macht auch zuzugestehen. Das Urteil vom vergangenen Jahr, mit dem der rechts dominierte Gerichtshof ihm volle Immunität für alle Amtshandlungen zugesichert hatte, bestärkt Trump in dem Glauben, der Supreme Court könne alle Grenzüberschreitungen mit einem Grundsatzurteil absegnen. Ein für alle Mal und dann nicht mehr anfechtbar.
Bonding mit Bondi
Jene Gegengewichte, die als „unabhängige Institutionen“ in den Regierungsapparat eingebaut sind, um die Rechtmäßigkeit des Regierungshandelns zu überprüfen, hat Trump bereits per Stellenbesetzungen ausgeschaltet. Das Justizministerium etwa hat eigentlich das Selbstverständnis, ausschließlich dem Gesetz verpflichtet zu sein, nicht dem Präsidenten. Mit Trump-Loyalistin Pam Bondi an der Spitze kann davon nicht mehr die Rede sein. Gleiches gilt für alle anderen, die unter Trump in Spitzenpositionen gekommen sind: Ihr oberstes Ziel ist die Durchsetzung von Trumps Willen, Gesetze hin, Gesetze her.
Solange der Oberste Gerichtshof die Einspruchsmöglichkeiten von Bundesrichter*innen noch nicht abgeräumt hat, führt das zu gewaltigem Hin und Her. Zölle da, Zölle weg, Zölle da. Ausländische Studierende in Harvard raus, rein, raus, vielleicht. Deportationen nach El Salvador aufgrund eines im letzten Weltkrieg angewandten Ausnahmegesetzes klar, auf keinen Fall, eventuell, Pech, wer schon abgeschoben ist. Es ist ein unglaubliches Chaos mit nicht zuletzt für die US-Wirtschaft negativen Folgen. Aber Trump nutzt das Durcheinander zum eigenen Vorteil: Schafft mir diese quertreibenden Richter*innen, Gouverneur*innen und Parlamentarier*innen vom Hals, dann wird alles gut und America endlich great again!
Bis dahin wird Kurs gehalten – und sollte doch jemand unter die juristischen Räder kommen, kann er im Zweifel auf die Begnadigung durch den Präsidenten hoffen. Erst diese Woche hat Trump zwei Dutzend ihm politisch wohlgesonnene Steuerhinterzieher und sonstige verurteilte Kriminelle aus der Haft entlassen. Er baut inner- und außerhalb der Republikanischen Partei ein Beziehungsgeflecht auf, das unbedingte und kritiklose Loyalität belohnt und alles andere als Verrat bekämpft. Man kennt das aus mafiösen Organisationen.
Für die Bundesstaaten, die gegen Trumps Zölle geklagt haben, für Universitäten, die um ihre ausländischen Studierenden und die Wissenschaftsfreiheit kämpfen, für die Migrant*innen, die um ihre schiere Existenz außerhalb von salvadorianischen Gulags bangen, braucht es große sektoren- und parteienübergreifende Solidaritätsbündnisse. Es wird anstrengend, den von der Hälfte der Bevölkerung gutgeheißenen autoritär-faschistischen Staatsumbau aufzuhalten. Unmöglich ist es noch nicht.
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